Städtetag 5|2024
12.12.2024

Deutschland braucht eine klare Wohnstrategie

Ein Beitrag von Axel Gedaschko, Präsident des GdW – Bundes­verbandes der deutschen ­Wohnungs- und Immobilienunternehmen

Bezahlbares Wohnen ist die zentrale Säule für den gesellschaftlichen Zusammenhalt – sie muss langfristig abgesichert und gleichzeitig die klima- und altersgerechte Transformation des Gebäudebestands ermöglicht werden. Nur so wird Deutschland ein Land mit den richtigen Voraussetzungen für wirtschaftlichen Erfolg und soziale Gerechtigkeit bleiben.

Angesichts einer sich immer schneller verändernden Welt, die klare und zusichernde politische Antworten erfordert, sind die Menschen verunsichert. In einem zentralen Lebensbereich kristallisieren sich die Ängste und Sorgen der Menschen dabei ganz besonders: beim Wohnen. Wenn die Leistbarkeit der Wohnung auf dem Spiel steht und kaum noch neuer Wohnraum entsteht, sind tiefe Verunsicherung und politischer Vertrauensverlust die unausweichlichen Folgen. Der dringende Handlungsbedarf bei der häufig als „soziale Frage unserer Zeit“ bezeichneten Wohnkrise ist seit Jahren klar, doch durchgreifende politische Lösungen bleiben Fehlanzeige.

Sowohl für die sozial orientierten Wohnungsunternehmen als auch für die Mieterinnen und Mieter spitzt sich die Lage immer weiter zu: Der klima- und altersgerechte Umbau der bestehenden ­Wohnungen sowie die Bekämpfung des Wohnungsmangels durch Neubau müssen bewältigt werden. Doch während Kosten und Vorgaben steigen, befinden sich die notwendige Sanierung des Wohnungsbestands und der Bau neuer Wohnungen im Sinkflug.

Deutschland braucht deshalb eine klare Wohnstrategie, auf die alle relevanten Akteure – Bund, Länder und Kommunen – einzahlen müssen. Denn jeder Euro kann nur einmal ausgegeben werden. Deshalb konzentrieren sich unsere Unternehmen als Bestandshalter primär auf die ­Transformation ihrer Bestände. Und auch hier befinden wir uns politisch aktuell auf einem Holzweg. Wir brauchen dringend einen ­Kurswechsel in der Gebäude-Klimapolitik.

Die Initiative fünf führender Wissenschaftler für einen Paradigmenwechsel in der Klimapolitik im Gebäudesektor kommt deshalb genau zur rechten Zeit. Die Erkenntnisse machen unmissverständlich deutlich: Die politischen Rahmenbedingungen für die Energiewende im Gebäudebereich müssen konsequent auf einen Praxispfad mit Fokus auf die Reduzierung von CO2-Emissionen neu ausgerichtet werden. Das bisherige, immer weitere Hochschrauben der Gebäudeeffizienz ist der unintelligenteste, weil teuerste Weg in Richtung Klimaziele.

Baukosten runter, Standards halten, Genehmigungen beschleunigen

Darüber hinaus muss bezahlbarer Wohnungsneubau wieder im erforderlichen Umfang ermöglicht werden. Vor diesem Hintergrund muss der Bau von bezahlbarem Wohnraum mit Mietobergrenzen in Gebieten mit Wohnraummangel als „überragendes öffentliches Interesse“ behandelt werden. Das würde Abwägungsprozesse erleichtern, beschleunigen und am Ende auch gerichtsfester machen.

"Das Baugesetzbuch muss letztlich so gestaltet werden, dass das Bauen von Wohnungen gegenüber anderen Belangen regelmäßig im Vordergrund steht. Deutschland braucht einen echten Bau-Turbo."

Deshalb ist eine Sonderregelung für den Wohnungsbau – konkret § 246e BauGB-E – zu begrüßen und muss schnellstmöglich vorangebracht werden.

Diese hohen Investitionen müssen realisierbar gemacht werden. Das heißt: Die Baukosten müssen runter, die Standards dürfen nicht weiter erhöht, Genehmigungsverfahren müssen beschleunigt werden und für das bezahlbare Segment brauchen wir ausreichend Förderung sowie absoluten Vorrang.

Die Fördersituation bleibt bislang absolut mangelhaft – und wird es wohl angesichts der angespannten Haushaltslage auch bleiben. Das Förderprogramm „Klimafreundlicher Neubau im Niedrigpreissegment (KNN)“, das ursprünglich als wichtige Säule für den bezahlbaren Neubau gedacht war, hat sich als enttäuschend herausgestellt. Anstatt bezahlbaren Wohnraum zu fördern, bleibt es ein Programm für teures, klimafreundliches Bauen. Auch das Instrument der Wohngemeinnützigkeit wird nicht die gewünschte Wirkung entfalten. Sie kann zwar dabei helfen, dass Institutionen wie Vereine und Stiftungen zu Anbietern von bezahlbarem Wohnraum werden, angesichts des riesigen Wohnungsmangels reicht das aber bei Weitem nicht aus.

Da mittlerweile 800.000 Wohnungen in Deutschland fehlen, ist zur Lösung dieser Herkulesaufgabe ein größerer und langfristiger Wurf in Form eines funktionierenden Fördersystems für bezahlbaren Wohnraum notwendig. Bei der aktuell schwierigen Haushaltslage wäre deshalb eine Zinssubvention auf 1 Prozent die richtige Lösung.

Bezahlbarer Wohnraum lässt sich nur dauerhaft sichern, wenn Bund, Länder und Kommunen gemeinsam ihre Hausaufgaben machen. Ansonsten bleibt die Mitte der Gesellschaft beim Wohnen – der sozialen Frage unserer Zeit – auf der Strecke.

Axel Gedaschko,
Präsident des GdW – Bundes­verbandes der deutschen ­
Wohnungs- und Immobilienunternehmen

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Dieser Text ist erschienen in Städtetag aktuell 5|2024, Schwerpunkt Wohnen

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