Städtetag aktuell 2|2025
11.03.2025

Der Datenraum Kultur – digitale Souveränität und kommunale Innovation

von Mathis Römer, Co-Projektleitung Datenraum Kultur bei
acatech e. V.

Die Kulturbranche in Deutschland verfügt über einen enormen Datenschatz. Seien es Veranstaltungsdaten, Besucherdaten oder ganze Archive von digitalisiertem Kulturgut – häufig sind diese Daten nur isoliert und umständlich zugänglich, wenn sie überhaupt in einem digitalen Format vorliegen. Der Datenraum Kultur möchte dies ändern und Kommunen dabei unterstützen, ihre Datenschätze zu heben und nutzbar zu machen.

Als ein gemeinsames Projekt von acatech e. V. (Deutsche Akademie der Technikwissenschaften), dem Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik FIT, der Behörde für Kultur und Medien Hamburg sowie weiteren anwendungsbezogenen Partnern aus dem Kulturbereich wird der Datenraum von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien gefördert.

Ein souveräner, digitaler Marktplatz für Kultur

 

Der Datenraum Kultur ist mehr als nur eine technische Infrastruktur – er ist der digitale Marktplatz, auf dem sich Kulturschaffende, kulturelle Institutionen, Kommunalverwaltungen und Kreativunternehmen zusammenfinden, um ihre wertvollen Daten auszutauschen. Anders als bei kommerziellen Plattformen, bei denen der Datenbesitz in die Hände von Hyperscalern wie Google oder Amazon fällt, behalten die Dateninhaberinnen im Datenraum selbst die Entscheidungshoheit. Das bedeutet: Daten werden nicht bei einem externen Cloudanbieter gespeichert. Stattdessen bleiben sowohl die Daten als auch alle Rechte in den Händen derjenigen, die die Kultur gestalten. Künstler und Kulturmanagerinnen entscheiden eigenständig, was sie teilen und zu welchen Bedingungen.

Der Datenraum Kultur organisiert den Austausch von Kulturdaten also dezentral. So können Daten rechtssicher als Grundlage für die Digitalisierung nutzbar gemacht und gleichzeitig einem zentralen Anliegen Rechnung getragen werden: die Stärkung der digitalen Souveränität.

Erst, wenn es eine solide Dateninfrastruktur gibt, können darauf aufbauend gemeinsame digitale Angebote und Geschäftsmodelle geschaffen werden – von Veranstaltungskalendern über Ticketing-Systeme bis hin zu KI-Modellen. Je breiter das Datenangebot, desto besser die Produkte.

Wo kommt der Datenraum zur Anwendung?

Ein Beispiel ist die Vernetzung von Kulturplattformen in den Regionen Ostwestfalen-Lippe und Südniedersachsen, um digitale Inhalte von Museen und Theatern besser zugänglich zu machen. Durch die Standardisierung und Digitalisierung von Spielplänen und Veranstaltungsinformationen können diese einfacher und mit größerer Reichweite zielgruppengerecht auf Portalen und Websites veröffentlicht werden. Das kann gerade für kleinere Einrichtungen mit begrenzten personellen Ressourcen von Vorteil sein.

Ein weiteres Beispiel ist das Online-Portal der Hamburger Kunsthalle cdfriedrich.de: Es veranschaulicht, wie Werke von Caspar David Friedrich online neu zum Leben erweckt werden können. Dafür nutzt die Kunsthalle mit Metadaten angereicherte digitalisierte Kunstwerke, die sie über den Datenraum Kultur abrufen und bereitstellen kann. Das ermöglicht es perspektivisch auch anderen Kunsthäusern, diese Digitalisate samt Metadaten aufzufinden und mit geringem Aufwand einen Nutzungsvertrag mit der Hamburger Kunsthalle abzuschließen. Das spart Zeit und Ressourcen und führt zu einem interaktiven Kunsterlebnis für Besucherinnen und Besucher.

Ein weiteres Anwendungsbeispiel sind die Musikdienste musiq.me des Hamburger Konservatoriums. Die Plattform erleichtert künftig das passgenaue Auffinden musikspezifischer Angebote.

Ein Blick in die Zukunft für Kommunen, Kultur- und Kreativwirtschaft

Für Verantwortliche in deutschen Kommunen ist der Datenraum Kultur nicht nur ein Beispiel innovativer Digitalisierung, sondern auch ein praktisches Werkzeug, um den kulturellen Lebensraum vor Ort zukunftssicher zu gestalten. Die Infrastruktur ermöglicht es, bestehende Datenbestände zu vernetzen und durch standardisierte Schnittstellen in bestehende IT-Strukturen zu integrieren – und das ohne große Investitionen in neue Systeme und mit minimalem Zeitaufwand. So können auch kleinere Kommunen und Kulturinstitutionen von einer gemeinsamen, sicheren und souveränen Datenbasis profitieren.

Die aktuelle Pilotphase des Projektes endet im August dieses Jahres. Anschließend soll eine Trägergesellschaft ohne Profitabsicht ausgegründet werden. Kommunen können schon jetzt unverbindlich ihr Interesse bekunden, wenn sie sich entweder als Teilnehmende des Datenraums beteiligen oder als Gesellschafter aktiv werden wollen. Der Deutsche Städtetag hat die Entwicklung des Datenraums Kultur begrüßt und unterstützt.

Mehr zum Projekt:  www.datenraumkultur.de 

Mathis Römer
Co-Projektleitung Datenraum Kultur bei acatech e. V.