Städtetag aktuell 1|2025
06.02.2025

Krankenhausversorgung sichern und Sozialausgaben auskömmlich gestalten

Ein Beitrag vom stellvertretenden Hauptgeschäftsführer und ­Beigeordneten Stefan Hahn, Leiter des Dezernats Arbeit, Jugend, Gesundheit und Soziales

Alle Verantwortlichen wissen es: Wir haben in Deutschland nicht genügend Fachpersonal und öffentliche Haushaltsmittel, um die große Zahl an Krankenhäusern betreiben zu können. Politisch liegt die Verantwortung beim Bund und den Ländern, die Krankenhausfinanzierung und -planung so auszugestalten, dass wir weg kommen von zufälligen Krankenhausschließungen.

Durch Schrumpfen zum Erfolg

Wir brauchen einen kontrollierten Schrumpfungsprozess, der gleichzeitig die Versorgungsqualität verbessert. Das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) verfolgt diese Ziele und ist nun in Kraft getreten. Jetzt müssen die Länder eine Krankenhausplanung aufsetzen, die steuert und nicht nur die Versorgungslage beschreibt. Dazu müssen regional passgenaue Versorgungsaufträge erteilt werden, die die Qualität und gleichzeitig die Erreichbarkeit sichern.

Die kommunalen Krankenhäuser kämpfen derzeit mit einer äußerst angespannten finanziellen Situation. Viele Kommunen sehen sich gezwungen, ihre Krankenhäuser mit Zuschüssen in teils dreistelliger Millionenhöhe vor der Insolvenz zu retten. Diese faktische dritte, kommunale Finanzierungssäule der Krankenhäuser ist systemwidrig, sind doch der Bund und die Länder verantwortlich für eine auskömmliche Krankenhausfinanzierung. Angesichts der aktuellen Haushaltslage der Kommunen ist die Übernahme von Millionendefiziten durch die Kommunen eine Katastrophe. Es droht die Insolvenz kommunaler Krankenhäuser, die als Maximalversorger oder Schwerpunktkrankenhäuser eine Versorgungsfunktion weit über die Mauern der eigenen Stadt hinaus haben.

Der Bund muss nunmehr dafür Sorge tragen, dass zum einen in der Übergangszeit bis zum Wirksamwerden des KHVVG eine auskömmliche Krankenhausfinanzierung sichergestellt wird. Zum anderen muss mit dem KHVVG die strukturelle Unterfinanzierung beseitigt werden. Dazu gehört, dass eine engmaschige Evaluation der Auswirkungen der Vorhaltefinanzierung erfolgt, um Fehlentwicklungen unverzüglich entgegensteuern zu können.

Sozialausgaben erdrücken die Kommunen

Die Ausgabenentwicklung in allen Sozialleistungsbereichen ist besorgniserregend. In der Kinder- und Jugendhilfe sind die Ausgaben in den letzten zehn Jahren zum Beispiel um 105 Prozent gestiegen, in der Eingliederungshilfe um 66 Prozent.

Die Kommunen müssen einen großen Teil der Sozialausgaben tragen und können diese überproportionalen Steigerungen nicht kompensieren.

Ursächlich für die Entwicklung sind neben den Lohnsteigerungen der letzten Jahre vor allem in sozialen Berufen auch gesellschaftliche Entwicklungen (zum Beispiel die demografische Entwicklung sowie der Zuzug geflüchteter Familien) und der Ausbau der individuellen Rechtsansprüche auf einzelne Leistungen, wie zum Beispiel auf ganztägige Förderung und Betreuung der Kinder zwischen einem und zehn Jahren.

Die weitere Festlegung von zusätzlichen Aufgaben ohne finanzielle Kompensation durch die Bundes- und Landesgesetzgeber muss unbedingt verhindert werden. Dies gilt allem voran für die Schaffung neuer Rechtsansprüche durch den Bund. Aber das reicht nicht mehr aus: Der Bund muss die Kommunen substanziell und dauerhaft finanziell entlasten, damit sie die bereits erfolgten Ausgabensteigerungen schultern können.

Vor wenigen Jahren hat der Bund auch auf Hinwirken des Deutschen Städtetages vollständig die Finanzierung der Grundsicherung im Alter übernommen. Nun ist es an der Zeit, dass auch die Hilfen zum Lebensunterhalt für jüngere Menschen im Rahmen einer Zusammenlegung des 3. und 4. Kapitels SGB XII vollständig vom Bund übernommen werden. Auch eine dauerhafte erhebliche Bundesbeteiligung an Ausgaben der Kinder- und Jugendhilfe muss kommen. Befristete Förderkulissen des Bundes der vergangenen Jahre können für positive Schlagzeilen für Bundesminister sorgen, bedeuten für die Kommunen aber im Zweifel mehr Verwaltungsaufwand als finanzielle Entlastung. Der Ausbau einer verlässlichen Kindertagesbetreuung, die ganztägige Förderung der Grundschulkinder, die Hilfen zur Erziehung und die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen: All das sind gesamtgesellschaftliche Aufgaben, an denen sich der Bund endlich strukturell und nachhaltig finanziell beteiligen muss.

Stellvertretender Hauptgeschäftsführer und ­Beigeordneter Stefan Hahn,
Leiter des Dezernats Arbeit, Jugend, Gesundheit und Soziales beim Deutschen Städtetag

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Dieser Text ist erschienen in Städtetag aktuell 1|2025, Schwerpunkt Bundestagwahl

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