Städtetag aktuell 3|2024
20.06.2024

Klimaanpassung: Welche Debatten geführt werden müssen

3 Fragen an Christine Wilcken zum Klimaanpassungsgesetz

Das Klimaanpassungsgesetz kommt zum 1. Juli. Also alles geklärt beim Thema Klimaanpassung?

Mitnichten. Das Gesetz ist richtig. Aber die jüngsten Hochwasser, erst im Saarland und Rheinland-Pfalz, dann in Bayern und Baden-Württemberg, haben uns doch noch einmal eindrücklich gezeigt: Klimaanpassung ist kein "Nice to have", sondern existenziell für unsere Zukunft. Das ist für die Städte eine Daueraufgabe für Jahrzehnte. Unterm Strich reden wir da über Milliardensummen bundesweit, die investiert werden müssen. Das werden die Städte nicht allein stemmen können. Mit den herkömmlichen Finanzierungsstrukturen wird das nicht gehen. Deshalb ist klar: Wir müssen uns ganz grundsätzlich anschauen, wie die notwendigen Investitionen für Klimaschutz und Klimaanpassung organisiert werden. Da laufen aktuell zwei Diskussionen parallel: In der einen geht es darum, ob Klimaanpassung und Klimaschutz kommunale Pflichtaufgabe werden sollen. In der anderen, ob Klimaschutz eine Gemeinschaftsaufgabe im Grundgesetz werden könnte.

Wäre eine solche Gemeinschaftsaufgabe die Lösung?

Die Debatte läuft auch bei uns, festgelegt sind wir noch nicht. Die Befürworter einer Gemeinschaftsaufgabe Klimaanpassung und Klimaschutz im Grundgesetz sagen: Damit könnten Bund, Länder und Kommunen gemeinsam und zielgerichtet Klimamaßahmen vorantreiben – gemeinschaftlich finanziert von Bund und Ländern. Statt nach dem Gießkannenprinzip könnten finanzielle Mittel flexibel und effektiv genau dort eingesetzt werden, wo Investitionen in Klimaanpassung und Klimaschutz am nötigsten sind. Das sind ja auch gute Argumente. Wir sind daher auch aufgeschlossen für die Idee der Gemeinschaftsaufgabe. Wenn sie kommt, muss aber klar sein: Die finanziellen Mittel müssen am besten als Budget und ohne komplizierte Anträge und kommunalen Eigenanteil bei den Städten ankommen. Und Vorreiter-Städte, die schon viel für Klimaanpassung getan haben, dürfen nicht benachteiligt werden – auch da muss weiter gefördert werden.

Und wie stehen die Städte zur Pflichtaufgabe?

Das Präsidium des Deutschen Städtetages hat schon im vergangenen Jahr ein
Diskussionspapier beschlossen, in dem wir genau dieser Frage nachgehen. Unterm Strich ist der Tenor: Eine Verpflichtung, kommunale Klimaschutzkonzepte und Klimaanpassungskonzepte zu erstellen, sollte das politische Ziel sein. Damit würde die zentrale Rolle der Städte bei Klimaschutz und Klimaanpassung anerkannt, aufgewertet und gestärkt. Für die Klimaanpassung und auch für Wärmepläne geht der Bund diesen Weg mit dem Klimaanpassungsgesetz und dem Wärmeplanungsgesetz jetzt auch schon. Ob darüber hinaus weitere Maßnahmen zur kommunalen Pflichtaufgabe werden sollen, müssen wir diskutieren. Was für uns aber bereits klar ist: Für die Klimaschutz- und Klimaanpassungspläne der Kommunen muss Konnexität gelten. Bund und Länder müssen sich bei der Finanzierung einigen, das ist bisher noch nicht der Fall.

Christine Wilcken,
Beigeordnete des Deutschen Städtetages und Leiterin des Dezernats Klima, Umwelt, Wirtschaft, Brand- und Katastrophenschutz

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Dieser Text ist erschienen in Städtetag aktuell 3|2024, Schwerpunkt Klimaanpassung

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