"Stadtgesellschaften können Veränderung"
Es sind bewegende Zeiten für die deutschen Städte. In ihnen finden die Umwälzungen unserer Zeit zusammen. Zum einen der ökonomische und ökologische Wandel: Die Städte sind herausgefordert, die Transformation zur Klimaneutralität zu organisieren. Zum anderen spielen sich hier gesellschaftliche Debatten ab: Auf den Straßen demonstrieren Tausende gegen Rechtsextremismus und für Demokratie. Hinzu kommen städtebauliche Aufgaben. Wie ist die Lage der Städte? Im Gespräch mit #stadtvonmorgen gibt Helmut Dedy, der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, eine Standortbestimmung.
Aus dem Interview der Online-Plattform #stadtvonmorgen
#stadtvonmorgen: Herr Dedy, zum Jahreswechsel veröffentlichten wir auf unserer Plattform #stadtvonmorgen eine Serie mit Stimmen von Oberbürgermeistern. Dabei zeigte sich die große Sorge um gesellschaftlichen Zusammenhalt in den Städten und vor einer Erosion des demokratischen Systems als ein Thema, das die Stadtlenker umtreibt – wohlgemerkt Wochen vor den Correctiv-Veröffentlichungen und den Demonstrationen gegen Rechtsextremismus. Heute bestimmen die Sorgen um die Demokratie das Geschehen in den Städten. Wie ist aus Ihrer Sicht die Lage?
Helmut Dedy: Die Lage ist unruhig. Ich würde sie als eine Mischung aus Anspannung und Zuversicht beschreiben. Zuversicht, weil die Demonstrationen ein Aufbäumen der Stadtgesellschaft sind: Die Menschen merken, dass es um etwas geht, dass etwas zu erhalten ist. Und ja, auch unsere demokratischen Strukturen und unser Verständnis von Menschenwürde werden herausgefordert. Viele Menschen sind sensibilisiert, sie erkennen den Ernst der Lage. Insofern bin ich persönlich durchaus positiv gestimmt. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat 2022 davon gesprochen, dass eine "Epoche im Gegenwind" beginne. Dies gelte auch für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Demokratie. Wir müssen bereit zu Veränderung sein. Unser Städtetagpräsident Markus Lewe weist stets darauf hin: Stadtgesellschaften können, sie wollen Veränderung. Das stimmt und zeigt die große Bedeutung der Städte für den Zusammenhalt der Gesellschaft. Aber: Die Menschen wollen ernstgenommen und gehört werden. Das ist eine wichtige Aufgabe auch der Kommunalpolitik.
#stadtvonmorgen: Pessimismus hilft nicht.
Helmut Dedy: Nein, Pessimismus hilft nicht. Wir brauchen Stadtgesellschaften mit Perspektive und Zuversicht. Ich glaube, im Umfeld der aktuellen Demonstrationen wächst das Bewusstsein dafür, dass Menschen im besten bürgerschaftlichen Sinne Verantwortung für ihre Umgebung, für ihre Stadt wahrnehmen müssen. Vieles befindet sich im Wandel, vieles ändert sich. Unsicherheiten sind berechtigt. Doch umso wichtiger ist es, sich gewahr zu sein, dass es um etwas geht: Dass wir zusammenstehen, unsere Demokratie und das Miteinander bewahren müssen. Die Schrittfolge thematischer Herausforderungen – um mal nicht das Wort "Krise" zu verwenden – ist sehr dicht geworden. Wer glaubte, nach Corona in Ruhe und mit analytischer Geduld Lehren für zukünftige Aufgabe ziehen zu können, wurde eines Besseren belehrt: In atemberaubendem Tempo überschlagen sich die neuen Herausforderungen: Ukrainekonflikt, Energiekrise, Inflation, die explosive Situation in Israel und Gaza, …
Lesen Sie hier das vollständige Interview von #stadtvonmorgen mit Helmut Dedy.
Mit freundlicher Genehmigung der Plattform #stadtvonmorgen (www.stadtvonmorgen.de)