Europa und Internationales
04.12.2024

Europa News 6|2024

Die aktuelle Ausgabe widmet sich u. a.: Neue EU-Kommission tritt ihr Mandat an, EU-Rat für Allgemeine Angelegenheiten debattiert über Zukunft der Kohäsionspolitik, Trilogverhandlungen zu Bodenüberwachungsrichtlinie gestartet

Die Europa News des Deutschen Städtetages berichten über Neuigkeiten aus der Europäischen Kommission, dem Europäischen Parlament, dem Rat der Europäischen Union sowie dem Ausschuss der Regionen, die aus kommunalpolitischer Perspektive interessant sind. Die aktuelle Ausgabe lesen Sie hier.

Inhaltsverzeichnis

Institutionelles
  • Neue EU-Kommission nimmt Arbeit auf
  • Neuer EU-Ratspräsident und neue EU-Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik treten ihr Amt an
  • Europäischer Rat vom 17./18. Oktober

  •  

    Treffen der Europäischen Politischen Gemeinschaft in Budapest und informeller EU-Gipfel

  •  

    30 Jahre Europäischer Ausschuss der Regionen: Ein Meilenstein für lokale und regionale Demokratie in der EU 

     

     

Katastrophenschutz
  • "Niinistö-Bericht" zur EU-Sicherheit vorgestellt

 

 

Kohäsion

  • Europäische Woche der Regionen und Städte - Bericht zur Lage der Regionen und Städte 2024

  • Rat für Allgemeine Angelegenheiten debattiert zu Zukunft der Kohäsionspolitik                                                         

Umwelt
  • Trilogverhandlungen für Bodenüberwachungsrichtlinie gestartet

In eigener Sache
  • Nominierungsphase für Preis "Frauen Europas 2025"
  • An unsere Leserinnen und Leser

Anhang

  • Auswahl der Stellungnahmen und Entschließungen des Europäischen Ausschusses der Regionen
  • Auswahl öffentlicher EU-Konsultationen

Institutionelles

Neue EU-Kommission nimmt Arbeit auf

Am 1. Dezember hat die neue Europäische Kommission ihr Mandat angetreten. Die 26 Kommissarinnen und Kommissare nahmen ihren Dienst für die nächsten fünf Jahre auf. Unter Kommissionspräsidentin von der Leyen arbeiten künftig sechs Exekutiv-Vizepräsidentinnen und -präsidenten. Unterstützt werden sie von Kommissarinnen und Kommissare, die für relevante Fachbereiche zuständig sind.

Zuvor wurde das Kollegium der Europäischen Kommission am 27. November in einer namentlichen Abstimmung im Europäischen Parlament angenommen. Dabei unterstützen lediglich 370 Abgeordnete der EVP, S&D, Renew Europe, Grünen und der rechtskonservativen ECR das Team von Ursula von der Leyen. Nicht alle Fraktionen stimmten geschlossen ab. Dagegen stimmten 290 bei 36 Enthaltungen. Dies ist die geringste Zustimmung des Parlamentes für eine neue Kommission seit 1995. Auch in der begleitenden Debatte wurde deutlich, dass es nicht einfach für die neue Kommission sein wird, ihre Gesetzesinitiativen mit Unterstützung des Europäischen Parlament durchzusetzen. Frau von der Leyen unterstrich ihren Wunsch mit allen pro-europäischen demokratischen Kräften zusammenzuarbeiten.

Vor der Abstimmung im Europäischen Parlament bewarb Ursula Von der Leyen das Kollegium der Kommissionsmitglieder und ihr Programm. Das Kollegium besteht aus ehemaligen Ministerpräsidenten und Ministern, Bürgermeistern und Gemeindebediensteten. Einige Kommissare waren zuvor auch Journalisten, Unternehmer oder Wissenschaftler.

Von der Leyen kündigte vor dem Europäischen Parlament an, dass die erste größere Initiative der neuen Kommission ein Kompass für Wettbewerbsfähigkeit sein werde, der auf den Empfehlungen des Berichts von Mario Draghi beruht (s. auch Europa News 5/2024). Der Kompass werde den Rahmen für die Arbeit der Kommission bilden und auf drei Säulen beruhen:

  • Schließen der Innovationslücke im Vergleich zu den USA und China 
  • gemeinsamer Plan für Dekarbonisierung und Wettbewerbsfähigkeit 
  • Verbesserung der Sicherheit und Abbau von Abhängigkeiten

Die politischen Leitlinien für die nächste Europäische Kommission 2024-2029 sind bereits seit dem 18. Juli 2024 bekannt, als Ursula von der Leyen für eine zweite Amtszeit als Kommissionspräsidentin vom Europäischen Parlament bestätigt wurde. Ein Arbeitsprogramm der neuen Kommission für 2025 lag bei Redaktionsschluss dieser Europa News-Ausgabe noch nicht vor.

(fia)

Neuer EU-Ratspräsident und neue EU-Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik treten ihr Amt an

Am 1. Dezember 2024 hat António Costa die Nachfolge von Charles Michel als EU-Ratspräsident angetreten. Gleichzeitig trat auch Kaja Kallas ihr Amt als neue Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik an. Sie ist gleichzeitig auch Vizepräsidentin der EU-Kommission.

Die EU-Außenbeauftragte vertritt die EU weltweit und leitet die Sitzungen der EU-Außenminister. Allerdings kann sie keine außenpolitischen Entscheidungen im Namen der EU treffen. Diese müssen stets einstimmig von den EU-Mitgliedsstaaten getroffen werden.

Der Präsident des Europäischen Rates hat die Aufgabe, gemeinsame Positionen zwischen den 27 EU-Staats- und Regierungschefs zu finden. Er legt die Tagesordnung der Gipfeltreffen fest und vertritt die EU auch nach außen.

Gleich zu Beginn ihrer Amtszeit reisten die beiden Politiker nach Kiew, um der Ukraine weiterhin den Beistand der EU zuzusichern. Bei Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj sicherte Costa der Ukraine weitere Finanzhilfen zu und kündigte an, noch im ersten Halbjahr 2025 mindestens zwei Bereiche der EU-Beitrittsverhandlungen mit dem Land zu eröffnen. Mit Blick auf die USA und die neue Trump-Regierung warnte Kallas davor, die Militärhilfe für die Ukraine zurückzufahren. Wenn die USA sich Sorgen wegen China machten, sollten sie sich Sorgen wegen Russland machen, sagte sie. Zu einem NATO-Beitritt der Ukraine sehe sie keine Alternativen.

Vor ihrer Nominierung als EU-Außenbeauftragte war Kaja Kallas von 2021-2024 die erste weibliche Ministerpräsidentin Estlands. Nach der russischen Invasion der Ukraine im Februar 2022 war Estland unter ihrer Führung einer der stärksten Unterstützer der Ukraine. Kallas beeinflusste maßgeblich die Politik der EU und der NATO in Bezug auf den Krieg.

Kallas ist bestens mit den EU-Institutionen vertraut und saß auch schon einmal als Abgeordnete im Europäischen Parlament. Sie entstammt einer Politiker-Familie - auch ihr Vater war schon estnischer Ministerpräsident und EU-Kommissar.

António Costa war von 2015 bis 2023 Regierungschef seines Landes und zuvor bereits Europaabgeordneter und Lissaboner Bürgermeister. Im Juni wurde er nach den Europawahlen von den 27 EU-Staats- und Regierungschefs der konservativen Europäischen Volkspartei, den Sozialdemokraten und den Liberalen für das Amt des EU-Ratspräsidenten ausgewählt. Mit Costa übernimmt erstmals ein Sozialdemokrat das Amt des EU-Ratspräsidenten.

Costa besitzt einen exzellenten Ruf als politischer Brückenbauer – eine Fähigkeit, die er in seiner langen politischen Karriere vielfach unter Beweis stellte. Nach den Parlamentswahlen 2015 gelang Costa mit viel Verhandlungsgeschick erstmals die Formung einer Mitte-Links-Regierung aus den bis dato zerstrittenen Kommunisten, Grünen und Linken. Nachdem diese Koalition vier Jahre als Minderheitsregierung überdauerte, gewann Costa 2019 erneut die Parlamentswahlen und errang 2022 sogar die absolute Mehrheit im Parlament.

(ber)

Europäischer Rat vom 17./18. Oktober

Am 17. Oktober 2024 trafen sich die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Mitgliedstaaten in Brüssel zu einem EU-Gipfel. In den Schlussfolgerungen werden die Themen Ukraine, Migration und die COP 29 in Baku behandelt.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj stellte den EU-Staats- und Regierungschefs seinen "Siegesplan" vor, der eine NATO-Einladung, Wiederaufbaupläne und die wirtschaftliche Schwächung Russlands umfasst sowie eine Liste benötigter Waffen enthält. Der Plan stieß auf gemischte Reaktionen und fand keinen Eingang in die offiziellen Gipfelschlussfolgerungen. Diese kündigten jedoch die Beschleunigung von Waffenlieferungen und die Integration des ukrainischen Energiesystems ins EU-Netz an. Ratspräsident Charles Michel und Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bekräftigten ihre Unterstützung für einen Frieden gemäß der ukrainischen Friedensformel. Bis Jahresende sollen mit den G7 rund 45 Milliarden Euro für militärische, haushaltspolitische und Wiederaufbauzwecke bereitgestellt werden, finanziert durch eingefrorene russische Vermögenswerte. Geplant sind weitere Sanktionen gegen Russland und Belarus - Gas- und Öllieferungen bleiben ausgenommen. Maßnahmen gegen den Iran aufgrund der anhaltenden Unterstützung Russlands sind ebenfalls vorgesehen.

In Bezug auf die Migrationspolitik betonte der Europäische Rat die Notwendigkeit von europäischen Lösungen. Diese umfassen u.a. verstärkte Kontrollen an den EU-Außengrenzen, die Umsetzung von Dublin II und des neuen Migrationspakts sowie der Aufbau von (?) Partnerschaften mit Herkunfts- und Transitländern, um Menschenschmuggel zu verhindern und legale Migrationswege zu fördern. Die Kommission soll Vorschläge zur Beschleunigung von Rückführungen vorlegen. Es wurde unterstrichen, dass Russland und Belarus das Asylrecht nicht missbrauchen dürften. Nachdem Polen angekündigt hatte, das Asylrecht vorübergehend aussetzen zu wollen, bekundeten die anderen EU-Mitgliedsstaaten zwar ihre Solidarität mit Polen, unterstützten jedoch nicht eindeutig die Aussetzung der Asylregeln. Konkrete Maßnahmen wurden nicht beschlossen. Innovative Ansätze wie mögliche Asylverfahren in Drittstaaten sollen geprüft werden. Angesichts verstärkter Grenzkontrollen in Schengen-Staaten wurde die Bedeutung eines funktionierenden Schengen-Raums gemäß dem aktualisierten Grenzkodex betont.

(fas)

Treffen der Europäischen Politischen Gemeinschaft in Budapest und informeller EU-Gipfel

Am 7. November 2024 fand in Budapest die fünfte Tagung der Europäischen Politischen Gemeinschaft (EPG) statt. Die EPG wurde 2022 gegründet, um den Dialog und die Zusammenarbeit zwischen allen europäischen Ländern zu fördern und die Sicherheit, Stabilität und den Wohlstand auf dem Kontinent zu stärken, ohne bestehende Institutionen zu ersetzen. Führende Vertreter aus 42 europäischen Ländern berieten über sicherheitspolitische Themen, wirtschaftliche Sicherheit und Konnektivität. Für die die Herausforderung der irregulären Migration wurde ein gemeinsamer Ansatz gefordert.

Parallel dazu fand ein informeller EU-Gipfel der 27 Staats- und Regierungschefs statt. Dabei wurde die "Erklärung von Budapest" vorgestellt, die einen neuen Plan für die europäische Wettbewerbsfähigkeit auf Grundlage des Draghi-Berichts (s. auch Europa News 5/2024) enthält, um die EU für zukünftige Herausforderungen in den Bereichen Geopolitik, Wirtschaft und Demografie zu rüsten. Die Erklärung umfasst Kernpunkte wie die Stärkung des Binnenmarkts, die Schaffung einer Kapital- und Bankenunion, die Dekarbonisierung der Industrie, Bürokratieabbau sowie die Förderung von Forschung und Innovation. Zur Finanzierung wird eine ambitionierte Handels- und Investitionspolitikangestrebt, um langfristigen Wohlstand zu sichern.

In seiner Abschlusserklärung hob Charles Michel, Präsident des Europäischen Rates, die Bedeutung einer Vertiefung der transatlantischen Beziehungen hervor. Dies geschah vor dem Hintergrund der kürzlich stattgefundenen US-Wahlen. Er identifizierte drei Schlüsselaspekte: bilaterale Handels- und Investitionsbeziehungen, verstärkte Zusammenarbeit bei sicherheits- und geopolitischen Herausforderungen sowie die Bewältigung globaler Probleme wie dem Klimawandel und der Digitalisierung.

Am Rande der Tagung trafen sich führende EU-Vertreter mit der moldauischen Präsidentin Maia Sandu, um die Unterstützung Moldaus auf dem Weg zur EU sowie wirtschaftliche und politische Reformen zu erörtern.

Am 27. November debattierte auch das Europäische Parlament zur Erklärung von Budapest. Die Abgeordneten sprachen dabei den unzureichenden Bürokratieabbau, die Notwendigkeit für mehr gemeinsame Investitionen in die Wirtschaft und Landwirtschaft und einen besseren Schutz für die europäischen Bauern an.

(fas)

30 Jahre Europäischer Ausschuss der Regionen: Ein Meilenstein für lokale und regionale Demokratie in der EU

Der Europäische Ausschuss der Regionen (AdR) feiert 2024 sein 30-jähriges Bestehen. Als Stimme von mehr als einer Million gewählten Vertreterinnen und Vertretern der Regionen und Kommunen in Europa hat sich der Ausschuss seit seiner Gründung zu einer tragenden Säule der demokratischen Architektur der Europäischen Union entwickelt. Seit drei Jahrzehnten prägt er die Gestaltung der EU-Politik und sorgt dafür, dass Entscheidungen möglichst bürgernah und auf der jeweils geeignetsten Ebene getroffen und umgesetzt werden.

Der 30. Jahrestag des AdR wurde offiziell auf dem 10. Europäischen Gipfeltreffen der Regionen und Städte am 18. und 19. März 2024 im belgischen Mons begangen (s. auch Europa News 2/2024). Am 20. November 2024 reflektierten die Mitglieder des AdR in der letzten Plenarsitzung des Jahres über die bisherigen Erfolge und diskutierten Wege zur Stärkung der Rolle des Ausschusses im institutionellen Gefüge der EU. Mit Blick auf die Zukunft verabschiedeten die Mitglieder eine Stellungnahme, in der ehrgeizige Reformen der EU gefordert werden. Präsident Vasco Alves Cordeiro betonte die Notwendigkeit einer stärkeren Einbindung der Regionen und Städte. Die Europäische Union könne nicht nur von oben herab regiert werden. Es gebe eine wachsende Dringlichkeit, die Arbeitsweise der EU zu reformieren und die Rolle des Ausschusses der Regionen zu stärken. Auch Roberta Metsola, Präsidentin des Europäischen Parlaments, und Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission, unterstrichen im Plenum die entscheidende Rolle der lokalen Ebene für die Zukunft Europas. 

Der AdR sieht sich als entscheidender Akteur bei der Bewältigung globaler Herausforderungen wie dem Klimawandel und sozialen Ungleichheiten. Zudem möchte der Ausschuss die Grundsätze der aktiven Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit stärken. Mit Blick auf die Zukunft bleibt er eine treibende Kraft für eine bürgernahe und nachhaltige Entwicklung in Europa.

Katastrophenschutz

"Niinistö-Bericht" zur EU-Sicherheit vorgestellt

Am 30.10.2024 stellte der ehemalige finnische Präsident Sauli Niinistö seinen Bericht zur zivilen und militärischen Vorbereitung der Europäischen Union vor. Kommissionpräsidentin Ursula von der Leyen und der Hohe Vertreter für Sicherheits- und Außenpolitik der EU, Josep Borrell, hatten diesen in Auftrag gegeben, um Empfehlungen zu erhalten, wie sich die EU besser gegen Schocks und Krisen wappnen kann. Der Bericht skizziert verschiedene Bedrohungsszenarien und betont, dass Europa sich der neuen, instabilen geopolitischen Realität bewusst werden müsse. Die EU sollte deshalb einen ressortübergreifenden Ansatz zur Krisenvorsorge verfolgen, um auf Krisen wie den Klimawandel, hybride Angriffe oder militärische Bedrohungen reagieren zu können. Insbesondere bei der zivilen Krisenvorsorge kommt den Kommunen eine entscheidende Rolle zu. So fordert Niinistö etwa eine bessere Koordinierung aller notwendigen Instrumente und Ressourcen der öffentlichen Ordnung. Die Behörden auf allen Ebenen – d.h. national, lokal und auf EU-Ebene – müssten entsprechend ihren unterschiedlichen Rollen mobilisiert werden.

Zu den konkreten Empfehlungen des Berichts zählen die Stärkung der EU-NATO-Zusammenarbeit, die Verbesserung der EU-Geheimdienststrukturen und die Einführung eines EU-Gesetzes zur Krisenvorsorge. Auch in diesem könnten die Kommunen aktiv einbezogen werden. Niinistö empfiehlt außerdem, dass mindestens  20 Prozent des EU-Budgets zur Sicherheits- und Krisenvorsorge beitragen sollten. Insgesamt fordert er die EU auf, das öffentliche Bewusstsein für Risiken zu stärken. Beispielsweise sollte allen Haushalten empfohlen werden,sich für Notfälle Vorräte für mindestens 72 Stunden anzulegen.

(ber)

Kohäsion

Europäische Woche der Regionen und Städte - Bericht zur Lage der Regionen und Städte 2024

Von 7. - 10. Oktober fand in Brüssel die alljährliche europäische Woche der Regionen und Städte statt. Sie zog über 7.000 Teilnehmende und 500 Referierende aus Politik, Wissenschaft, Zivilgesellschaft sowie regionale und lokale Behörden an, die Ideen, Best Practices und Visionen für die Zukunft austauschten. Unter dem Motto "Empowering communities" organisierten die GD REGIO und der Ausschuss der Regionen (AdR) insgesamt 156 Sitzungen und Ausstellungen. Während der Veranstaltungen drehten sich viele Diskussionen um die dezentrale Verwaltung der Kohäsionsmittel. Ein kurz zuvor geleaktes Dokument der EU-Kommission, das eine Zentralisierung der Fonds vorschlägt, sorgte für große Kontroversen.

Ein Höhepunkt war die Präsentation des Jahresberichts 2024 zur Lage der Regionen und Städte durch Vasco Alves Cordeiro, Präsident des AdR. Der Bericht hebt die entscheidende Rolle der Regionen und Städte bei der Bewältigung zentraler Herausforderungen wie dem grünen und digitalen Wandel, sozialen Ungleichheiten und dem demografischen Wandel hervor. Der Bericht zeigt eine neue Rekord-Vertrauensrate von 60 Prozent in regionale und lokale Behörden auf und unterstreicht somit die Bedeutung der Stärkung der Demokratie auf lokaler Ebene. Gleichzeitig betont er die Notwendigkeit von Investitionen in Klimaschutzmaßnahmen, soziale Dienste und eine gerechte industrielle Transformation. Kommunen und Regionen setzen 70 Prozent der Klimaschutzmaßnahmen und 90 Prozent der Klimaanpassungsmaßnahmen um und brauchen dafür genügend Finanzierung. Weitere Schwerpunkte des Berichts liegen auf der Rolle der Kohäsionspolitik sowie auf der aktiven Einbindung der Regionen in die EU-Erweiterung und den langfristigen Haushalt. Die Vorstellung des European Network of Regional and Local Councillors zur Stärkung regionaler Synergien war ein weiteres Highlight Viele Beiträge sind online verfügbar.

(fas)

Rat für Allgemeine Angelegenheiten debattiert zu Zukunft der Kohäsionspolitik

Am 28. November 2024 tagte der Ministerrat der EU für Allgemeine Angelegenheiten in der Formation der für Kohäsion zuständigen nationalen Minister. Auf der Tagesordnung stand unter anderem eine Debatte zur Verwaltung der EU-Kohäsionsfonds nach 2027 auf Grundlage eines Hintergrundpapiers der ungarischen Ratspräsidentschaft. Während der Diskussion unterstrichen die Minister die Bedeutung der geteilten Mittelverwaltung, der Multi-Level-Governance und des Partnerschaftsprinzips in der Kohäsionspolitik. Sie unterstrichen außerdem die Notwendigkeit, lokale und regionale Interessenvertreter sowohl in die Konzeption als auch in die Umsetzung der Kohäsionspolitik einzubinden.

Der vorsitzende ungarische Minister, Tibor Navracsics, sagte, den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften müsse auch weiterhin die Möglichkeit zugestanden werden, Verantwortung für die Planung und Umsetzung der Fonds zu übernehmen.

Die Minister betonten auch die Wichtigkeit eines ortsbasierten Ansatzes und der langfristigen Planung bei der Umsetzung der Kohäsionspolitik. Künftig müsse die richtige Balance aus strategischen Prioritäten der EU und den Bedürfnissen aller Regionen vor Ort gefunden werden. Einige Minister zeigten sich offen für starke Anreize durch die Kohäsionsfonds für die Umsetzung von strukturellen Reformen in den Mitgliedsstaaten und einen Performanz basierten Ansatz, unterstrichen dabei aber, dass dies nicht zulasten der regionalen Dimension der Kohäsionspolitik gehen dürfe.

Die scheidende EU-Kommissarin für Kohäsion und Reformen, Elisa Ferreira, sagte, die Grundsätze der Kohäsion müssten geschützt werden, aber gleichzeitig müsse man auch die Modernisierung dieser Politik vorantreiben und sie noch zielführender machen. Die Minister seien sich einig gewesen, dass die Kohäsionspolitik in Zukunft angesichts der vielfältigen gesellschaftlichen Herausforderungen noch weiter gestärkt werden müsse.

Mit Blick auf neue Prioritäten der Kohäsionspolitik nannte Navracsics das Recht zu bleiben. Die Menschen müssten dort unterstützt werden, wo sie wohnen, wenn sie dort bleiben möchten. Die Abwanderung sei die Kehrseite der Personenfreizügigkeit und für einen funktionierenden Binnenmarkt sei eine starke, ausgleichende Kohäsionspolitik deshalb unerlässlich.

Die Debatte im Ministerrat leistete einen Beitrag zur Debatte um eine Reform der Kohäsionspolitik im Rahmen des künftigen Mehrjährigen Finanzrahmens. Laut Presseberichten denkt die EU-Kommission darüber nach, die Fondsverwaltung zu zentralisieren und die Auszahlung der Kohäsionsmittel an strukturelle Reformen in den Mitgliedsstaaten zu knüpfen.

Am Rande des Ministertreffens präsentierte Deutschland zudem ein Non-Paper zur räumlichen Gestaltung und Durchführung der Strukturfonds-Programme und die baltischen Staaten und Polen stellten eine gemeinsame Erklärung zur Stärkung und Widerstandsfähigkeit der Regionen vor, die an Russland und Belarus grenzen.

(ber)

Umwelt

Trilogverhandlungen für Bodenüberwachungsrichtlinie gestartet

Am 21. Oktober 2024 machte der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments den Weg frei für die Verhandlungen mit dem Rat der Europäischen Union zur Bodenüberwachungsrichtlinie ("Trilogverhandlungen"). Nachdem das Parlament seine Position im April dieses Jahres festgelegt hatte und der Rat im Juni seine allgemeine Ausrichtung zu dem Gesetz festgelegt hatte, wird nun in den finalen Verhandlungen nach einem Kompromiss zwischen den beiden Positionen gesucht.

In seiner Position hatte das Parlament dafür votiert, Rohstoffvorkommen von der Definition von Boden auszuschließen, den EU-Mitgliedsstaaten mehr Flexibilität für die Messung des Bodenzustands zuzugestehen und keine verbindliche Zeitvorgabe für die Verbesserung des Bodenzustands festzulegen. Die Abgeordneten stimmten zudem dagegen, nachhaltige Bodenbewirtschaftungspraktiken festzulegen und diese für die Mitgliedsstaaten verpflichtend zu machen.

Auch der Rat stimmte für mehr Flexibilität bei den Bodenmessungen und nicht-bindende Zielvorgaben für die Bodengesundheit. Als prioritäre Maßnahme positionierte sich der Rat für Maßnahmen gegen Bodenzerstörung und -versiegelung. Für die Sanierung von kontaminierten Böden wird ein risikobasierter Ansatz favorisiert, der es den Mitgliedsstaaten erlaubt, die am stärksten kontaminierten Flächen zuerst wiederherzustellen.

Der Deutsche Städtetag hatte sich für einen differenzierteren Ansatz bei den Regenerationsmaßnahmen ausgesprochen, d. h. auch als nicht gesund eingestufte Böden sollten für bestimmte Zwecke weiter nutzbar sein, wenn von der beabsichtigten Art der Bodennutzung keine Risiken für die menschliche Gesundheit ausgehen. Bei der Ermittlung von kontaminierten Flächen muss eine übermäßige Belastung der lokalen Behörden vermieden werden, insbesondere, wenn diese im Besitz von Privatunternehmen sind.

Die Trilogverhandlungen begannen offiziell am 22. Oktober 2024 und aktuell werden intensive technische Verhandlungen geführt. Für den 12. Dezember ist ein weiterer Trilog auf politischer Ebene vorgesehen. Abgeschlossen werden die Verhandlungen dann im nächsten Jahr unter polnischer Ratspräsidentschaft, bevor der endgültige Text erneut dem Plenum des Europäischen Parlaments und dem Rat zur Abstimmung vorgelegt wird.

(ber)

In eigener Sache

Nominierungsphase für Preis "Frauen Europas 2025"

Die Europäische Bewegung Deutschland e.V. nimmt derzeit Nominierungen für den Preis "Frauen Europas – Deutschland 2025" entgegen. Die Auszeichnung wird seit 1991 vergeben und würdigt Frauen, die sich in herausragender Weise für die europäische Gemeinschaft, Kultur und den Zusammenhalt innerhalb Europas einsetzen.

Der Preis gibt der Preisträgerin und ihren Projekten eine hohe öffentliche Aufmerksamkeit und erlaubt es ihr, Teil eines aktiven Netzwerkes von engagierten Frauen zu sein, das sich regelmäßig austauscht und gemeinsame Aktivitäten organisiert.

Nominierungen können bis zum 20. Dezember 2024 bei der Europäischen Bewegung Deutschland e.V. eingereicht werden. Nähere Informationen zu den Regularien und Anforderungen für eine Nominierung findet man auf der Internetseite der Europäischen Bewegung.

(ber)

An unsere Leserinnen und Leser

Wir wünschen Ihnen ein frohes Weihnachtsfest, schöne Feiertage und ein gutes neues Jahr 2025.

Ihr Europa-News-Team

Redaktion:
Lina Furch (verantwortlich)

Autorinnen und Autoren:
Ulrich Fikar (fia),  Meike Fassbender (fas) und Yannik Bernardi (ber)

Schwerpunkt Europa

Städtetag aktuell 4|2024