Europa News 1|2024
Die Europa News des Deutschen Städtetages berichten über Neuigkeiten aus der Europäischen Kommission, dem Europäischen Parlament, dem Rat der Europäischen Union sowie dem Ausschuss der Regionen, die aus kommunalpolitischer Perspektive interessant sind. Die aktuelle Ausgabe lesen Sie hier.
Inhaltsverzeichnis
Institutionelles
- Forderungen zur Europawahl 2024
- Wechsel im Vorsitz der EU-Ratspräsidentschaft
- Erster EU-Sonderbeauftragter für den Mittelstand
- Neue Leitungen der EU-Kommissionsvertretungen in Berlin, München und Bonn
Wirtschaft
- Informelle Tagung der Kohäsionsministerinnen und -minister
Verkehr
-
Transeuropäisches Verkehrsnetz mit verstärkter urbaner Mobilität
Stadtentwicklung
- Brüsseler Erklärung der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister
Umwelt
- Einigung auf CO2-Standards für LKW und Busse
Klima
- Debatte um ein EU-Klimaziel für 2024 eröffnet
Ukraine
-
Neue Ukraine-Fazilität: Städtepartnerschaften berücksichtigt
Migration
- Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS)
Soziales
- Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen: Einigung auf EU-Richtlinie
- Erklärung zu einem dynamischen europäischen sozialen Dialog
- Diskussion zu lokalem Integrationsmanagement
Tipps und Hinweise
-
Grüne Hauptstadt Europas 2026 gesucht: Bewerbung bis Ende April möglich
Anhang
- Auswahl von Stellungnahmen und Entschließungen des Europäischen Ausschusses der Regionen -
159. Plenartagung - Auswahl öffentlicher EU-Konsultationen
Institutionelles
Forderungen zur Europawahl 2024
Zur Europawahl vom 6. bis 9. Juni 2024 stellt der Deutsche Städtetag elf Forderungen an das neu gewählte Europäische Parlament und die neu besetzte Europäische Kommission. Die Europawahlen können für die Zukunft der Europäischen Union – und damit für jede/n Einzelne/n – richtungsweisend sein. Es geht um nicht weniger als die Frage, ob wir auch in Zukunft in Frieden, Freiheit, Sicherheit und Wohlstand leben können. Die deutschen Städte stehen bereit, ihren Beitrag zu leisten, um Europas Zukunft Richtung zu geben.
Unsere Forderungen beziehen sich auf folgende Themen:
- Europa an Werten und Rechtsstaatlichkeit ausrichten
- Sozialen Zusammenhalt und Integration gemeinsam meistern
- Digitale Transformation ohne Hürden ermöglichen
- Städte als zentrale Akteure für ein klimaneutrales Europa und bei der Umsetzung des Green Deals unterstützen
- Gesunde und umweltfreundliche Städte fördern
- Nachhaltige Mobilität schaffen
- Lebenswerte Städte im gemeinsamen Wandel entlasten
- Städte bei der nachhaltigen Finanzierung kommunaler Investitionen unterstützen
- Entlastung durch Entbürokratisierung schaffen
- Kommunale Beteiligung sicherstellen und intensivieren
- Rolle der Städtediplomatie in der internationalen Zusammenarbeit anerkennen
Alle Forderungen des Deutschen Städtetages sind jetzt online und hier zum Nachlesen verfügbar.
Wechsel im Vorsitz der EU-Ratspräsidentschaft
Zum Start des Europawahljahres übernahm Belgien am 1. Januar 2024 die EU-Ratspräsidentschaft von Spanien. In dieser Funktion wird das Land bis zum 31. Juni 2024 den Vorsitz des Rates innehaben, die Agenden bestimmen und Sitzungen leiten.
Neben den Europawahlen 6. - 9. Juni 2024, fällt auch die Verabschiedung der Strategischen Agenda 2024-2029 des Europäischen Rates in den Zeitraum des belgischen Ratsvorsitzes.
Das Programm der belgischen Regierung für die EU-Ratspräsidentschaft baut auf sechs Prioritäten:
- Verteidigung von Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Einheit
- Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit
- Grüner und gerechter Übergang
- Verstärkung unserer Sozial- und Gesundheitsagenda
- Schutz von Menschen und Grenzen
- Förderung eines globalen Europas
Schwerpunkte des belgischen Vorsitzes sind die urbane Politik und die territoriale Kohäsion. Dazu formulierte Belgien drei Kernbotschaften für die Städtepolitik: die Verteidigung der städtischen Dimension in der europäischen Politik und der Programmplanung für die Zeit nach 2027, die Bekräftigung der Bedeutung der großen Städte als europäische Partner und treibende Kräfte, sowie die Anerkennung der Raumplanung, des territorialen Ansatzes und der städtischen Governance als wesentliche Instrumente zur Erreichung der europäischen (städtischen) Ziele.
Weiterhin beabsichtigt Belgien, neue Anstrengungen in der Außen- und Entwicklungspolitik zu unternehmen. So soll innerhalb der EU ein Konsens zur Wiederbelebung des politischen Prozesses im Nahen Osten geschaffen werden, um eine Zwei-Staaten-Lösung zu fördern. Zudem wird angestrebt, bestehende Instrumente in der Entwicklungspolitik zu optimieren und dabei die soziale Dimension und geschlechterspezifische Ziele zu stärken.
Angesichts des grünen und digitalen Wandels plant der belgische Ratsvorsitz zudem Initiativen in der digitalen Transformation und in der Cyberresilienz. Vor dem Hintergrund des politischen Programms der Digitalen Dekade wird sich der Vorsitz verstärkt auf die Verhandlungen über das Gigabit-Infrastrukturgesetz konzentrieren. Zudem möchte Belgien Initiativen zur Digitalisierung der europäischen Verkehrsträger und Mobilitätssysteme vorantreiben. Darüber hinaus soll ein gemeinsamer Ansatz des aktiven Cyberschutzes gefördert werden. Es ist geplant, eine Überprüfung der EU-Cyberpolitik und institutionellen Landschaft durchzuführen, um mögliche Mängel zu ermitteln und beseitigen.
Zuletzt sieht die belgische Regierung vor, in ihrer Ratspräsidentschaft offene Legislativvorhaben abzuschließen. Dies umfasst insbesondere die formelle Verabschiedung der Reformvorschläge für die EU-Migrations- und Asylpolitik. Im Bereich des Europäischen Green Deals betrifft dies vor allem die Überarbeitung der Richtlinien zur Luftqualität und die Kommunale Abwasserrichtlinie.
Mit Belgien übernimmt das zweite Land der Trio-Präsidentschaft den Vorsitz. Ab dem 1. Juli 2024 wird Ungarn folgen.
(reh)
Erster EU-Sonderbeauftragter für den Mittelstand
Die Europäische Kommission verkündete Ende Januar 2024 den Posten eines Sonderbeauftragten für Kleine- und Mittlere Unternehmen (KMU). Erster Amtsinhaber wird der Deutsche Markus Pieper. Herr Pieper (EVP) ist seit 2004 Abgeordneter im Europäischen Parlaments und dort Mitglied des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie.
Kommissions-Präsidentin von der Leyen kündigte den neuen Sonderbeauftragten für KMUs bereits in ihrer Rede zur Lage der Union vom 13. September 2023 an. Dessen Rolle wurde in der Mitteilung über ein KMU-Hilfspaket näher beschrieben. So ist der Beauftragte direkt der Präsidentin der Kommission unterstellt, aber auch dem für den Binnenmarkt zuständigen Kommissar. Er soll über alle KMU-bezogenen Tätigkeiten Bericht erstatten, die er in Zusammenarbeit mit den relevanten Dienststellen der Kommission, genauer der Generaldirektion Binnenmarkt, Industrie, Unternehmertum und KMU (Generaldirektion GROW) erstellt. Diese Generaldirektion soll die Arbeit des Beauftragten unterstützen. Vorgesehen ist, dass der KMU-Beauftragte der EU künftig an Anhörungen des Ausschusses für Regulierungskontrolle teilnimmt und Probleme der KMUs anspricht.
Die Kommission begründet die Ernennung Piepers unter anderem damit, dass er während seiner Zeit im Parlament eine zentrale Rolle bei der Gestaltung und Förderung von Maßnahmen zugunsten von KMU gespielt habe. Als Berichterstatter zu wichtigen KMU-bezogenen Themen wie der Definition von KMU und der Verbesserung von Vorschriften, habe Herr Pieper eine "lobenswerte Erfolgsbilanz" vorzuweisen. Vor seiner Tätigkeit im Europäischen Parlament war Herr Pieper Geschäftsführer einer regionalen Handelskammer in Deutschland.
Der Beginn der Arbeit des Sonderbeauftragten soll zu einem späteren Zeitpunkt verkündet werden. Die Amtszeit ist für vier Jahre mit der Option auf eine Verlängerung um zwei Jahre vorgesehen.
(fia)
Neue Leitungen der EU-Kommissionsvertretungen in Berlin, München und Bonn
Anfang Februar teilte die Europäische Kommission die Neubenennungen für Leitungsposten an ihren drei deutschen Standorten Berlin, München und Bonn mit.
- Barbara Gessler wurde zur neuen Leiterin der Vertretung der Europäischen Kommission in Berlin ernannt. In dieser Funktion wird sie als offizielle Vertreterin der Europäischen Kommission in Deutschland fungieren. Derzeit leitet Barbara Gessler das Referat "Internationaler Kapazitätsaufbau im Hochschulbereich" der Europäischen Exekutivagentur für Bildung und Kultur (EACEA) der Kommission.
- Die Regionalvertretung der Europäischen Kommission in München (als Teil der Kommissionsvertretung in Deutschland) wird künftig von Wolfgang Bücherl geleitet. Derzeit ist er als EU-Experte der Kommission zum Bayerischen Ministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention abgeordnet.
- Die Leitung des Regionalbüros in Bonn (als Teil der Kommissionsvertretung in Deutschland) wird künftig Stefan Lock übernehmen. Aktuell ist Lock als Leiter der Zusammenarbeit für Äthiopien und Eritrea in Addis Abeba tätig.
Zum Hintergrund: Die Kommission unterhält Vertretungen in allen Hauptstädten der EU-Mitgliedstaaten sowie Regionalbüros in Barcelona, Bonn, Breslau, Mailand, Marseille und München. Sie stehen mit den nationalen Behörden, Interessenträgern sowie den Bürgerinnen und Bürgern in Kontakt und informieren die Medien und die Öffentlichkeit über die EU-Politik.
Das Datum für die oben angekündigten neuen Ernennungen wird die Kommission zu einem späteren Zeitpunkt bekannt geben.
(kue)
Wirtschaft
Informelle Tagung der Kohäsionsministerinnen und -minister
Am 5. und 6. Februar 2024 kamen die für Kohäsion zuständigen Ministerinnen und Minister in Mons zu einer informellen Ministertagung über allgemeine Angelegenheiten zusammen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer verständigten sich auf ehrgeizige Leitlinien für die Zukunft der Kohäsionspolitik in der Europäischen Union nach 2027.
Die Vertreterinnen und Vertreter mehrerer europäischer Institutionen tauschten ihre Ansichten über die Zukunft der Kohäsionspolitik als wichtigste EU-Politik für langfristige Investitionen aus. Dank ihres regionalen und strukturellen Ansatzes ist sie ein starker Motor für den Wandel innerhalb der EU. Die verschiedenen Mitgliedstaaten haben die Notwendigkeit bestätigt, die Kohäsionspolitik anzupassen und dabei die spezifischen Gegebenheiten jeder Region der Europäischen Union zu berücksichtigen.
Die aufeinanderfolgenden Reformen der Kohäsionspolitik und die Mobilisierung der Kohäsionsfonds, um dringend auf aufeinanderfolgende Krisen zu reagieren, haben die Kohäsionspolitik zunehmend von ihren Gründungszielen und ihrer Daseinsberechtigung entfernt. Neben strategischen Prioritäten und Schlüsselprinzipien waren die Bedürfnisse der europäischen Unternehmen, der Bürgerinnen und Bürger sowie die spezifischen Gegebenheiten der verschiedenen Regionen Themen der Diskussion.
Im Nachgang wurde am 20. Februar 2024 in Brüssel ein Expertenbericht auf dem Weg zum 9. Kohäsionsbericht "Gemeinsam eine nachhaltige Zukunft gestalten: Kohäsion für ein wettbewerbsfähiges und inklusives Europa" vorgestellt, der die strukturelle Herausforderungen der geringen Entwicklung, polarisierter Entwicklungs- und Wachstumsdisparitäten sowie verschiedener sozio-ökonomischen Chancen in den Regionen der EU betrachtet. Die Kohäsionspolitik nach 2027 soll eine systemische und dynamische Politik der territorialen Fairness in der EU sein, die die ungenutzten Möglichkeiten der wirtschaftlichen Potenziale, insbesondere in weniger entwickelten und gefährdeten Gebieten, verbessert.
Die Expertengruppe hat analytische Beiträge und Empfehlungen zu den Wirkungen der Kohäsionspolitik im Hinblick auf den Abbau wirtschaftlicher, sozialer und territorialer Ungleichheiten in der EU erarbeitet sowie Ansätze für ein faires und digitales europäisches Wachstumsmodell dargelegt. In schwach entwickelten Regionen sollen vor allem die Infrastrukturen und die Produktionskapazitäten gestärkt werden. In entwickelten Regionen soll die Wirtschaft durch Bildungsinvestitionen, Innovation und nachhaltiges Wachstum dynamisiert werden. In Regionen mit einem hohen Armutsrisiko und sozialer Exklusion soll u.a. in die Bildungsinfrastrukturen und den Arbeitsmarkt investiert werden.
Die zuständigen EU-Minister werden am 18. Juni 2024 in Luxemburg erneut zusammenkommen, um ihre Schlussfolgerungen zum 9. Kohäsionsbericht über den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt in der EU zu verabschieden.
(sip)
Verkehr
Transeuropäisches Verkehrsnetz mit verstärkter urbaner Mobilität
Am 18. Dezember 2023 einigten sich Vertreterinnen und Vertreter des Europäischen Parlaments, der Kommission und des Ministerrats der Europäischen Union auf eine Überarbeitung der Verordnung über die Entwicklung des transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN-V). Damit erneuert die EU den gesetzlichen Rahmen für den Ausbau der europäischen Verkehrsinfrastruktur.
Mit der neuen Verordnung setzt die EU stärker als zuvor auf den Aufbau eines multimodalen und nachhaltigen Verkehrsnetzes. So soll das Gesamtnetz schrittweise ausgebaut und die Fristen zur Fertigstellung des TEN-V- sollen auf drei Ebenen aktualisiert werden: Das Kernnetz soll nach wie vor bis 2030 fertiggestellt sein, das neu hinzugefügte erweiterte Kernnetz bis 2040 und das Gesamtnetz bis 2050. Die neue Zwischenfrist 2040 wurde eingeführt, um die Fertigstellung großer, hauptsächlich grenzüberschreitender Vorhaben wie die Schließung von Lücken im Schienennetz und die Fertigstellung neuer Hochgeschwindigkeitsverbindungen vorzuziehen. Um sicherzustellen, dass die Infrastrukturplanung den tatsächlichen operativen Bedürfnissen gerecht wird, sollen durch die Integration von Schienenstrecken, Straßen und Wasserstraßen neun europäische Verkehrskorridore entstehen, die für die Entwicklung nachhaltiger und multimodaler Güter- und Personenverkehrsströme in Europa von großer strategischer Bedeutung sind. Die Verordnung umfasst dafür Schienenwege, Binnenwasserstraßen, kurze Seeverkehrsstrecken und Fernstraßen, die Städte, See- und Binnenhäfen, Flughäfen und Terminals verbinden.
Von besonderem Interesse sind die Neuerungen bei den städtischen Knoten im transeuropäischen Verkehrsnetz, wo sich verschiedene Netze und Infrastrukturen treffen. Zu den städtischen Knoten zählen Umgehungsstraßen, Zugangspunkte zum TEN-V, insbesondere Bahnhöfe, Frachtterminals, Häfen und Flughäfen sowie die Verbindungen auf der "ersten und letzten Meile" zwischen und zu diesen Zugangspunkten. In Deutschland waren in der noch geltenden TEN-V-Verordnung 13 Großstädte als städtische Knoten gelistet. In Zukunft werden es durch die deutliche Steigerung auf 431 europäische städtische Knoten 77 deutsche Städte sein.
Die EU-Institution einigten sich auf neue Anforderungen für die städtischen Knoten: Jeder städtische Knoten soll bis 2027 einen nachhaltigen urbanen Mobilitätsplan (Sustainable Urban Mobility Plans, SUMPs) ausarbeiten, der ein langfristiges, allumfassendes und integriertes Konzept für die Mobilität im Güter- und Personenverkehr für den gesamten funktionalen Raum beinhaltet. Die Ausrichtung auf den "funktionellen urbanen Raum" war ein wichtiges Anliegen der kommunalen Ebene im Gesetzgebungsprozess, damit die städtischen Knoten in ihren umliegenden funktionalen Verkehrsraum eingebettet sind und nicht an den politischen Stadtgrenzen haltmachen, wie es der ursprüngliche Kommissionsentwurf vorsah.
Mit den beschlossenen Neuerungen werden die städtischen Knoten für die Verwirklichung des europäischen Verkehrsnetzes aufgewertet. Damit verbunden ist ein Zugang zu europäischen Fördermitteln. Die städtischen Knoten können Gelder aus der Connecting Europe Facility (CEF) beantragen, dem zentralen EU-Förderinstrument zur Finanzierung von Infrastrukturinvestitionen in Europa. Ungewiss ist allerdings, in welchem Umfang die neue Fazilität Connecting Europe (CEF III) im Rahmen des nächsten langfristigen EU-Haushaltsplans 2028 – 2035 aufgestockt wird, um den Bedarf der städtischen Knoten abzudecken. Die EU-Fördermittel müssen für den Ausbau städtischer Knoten entsprechend angehoben werden.
(fia)
Stadtentwicklung
Brüsseler Erklärung der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister
Zum 1. Januar 2024 hat Belgien den Vorsitz des Rates der EU von Spanien übernommen. Als Teil der Prioritäten der belgischen Ratspräsidentschaft stellt urbane Politik einen Schwerpunkt für die kommenden sechs Monate dar. Vor diesem Hintergrund fand am 24. Januar 2024 eine hochrangige Veranstaltung in Brüssel unter dem Titel "A European urban policy fit for the future" statt. Teilnehmende waren europäische Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie Vertreterinnen und Vertreter der europäischen Institutionen wie die Kommissarin für Kohäsion und Reformen, Elisa Ferreira. Der Europäische Rat der Gemeinden und Regionen Europas (CEMR) und der Deutsche Städtetag wurden durch den Oberbürgermeister der Stadt Trier, Wolfram Leibe, vertreten.
Bei der Veranstaltung wurde eine Erklärung europäischer Bürgermeisterinnen und Bürgermeister vorgestellt und von zahlreichen Stadtspitzen unterzeichnet. In der Erklärung fordern die europäischen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie die europäischen Städtenetzwerke eine ambitionierte europäische Städtepolitik und formulieren vier grundlegende Prioritäten für die Städte:
- Förderung des Rechts auf bezahlbaren, qualitativen und nachhaltigen Wohnraum;
- Bekämpfung sozialer und geschlechtsspezifischer Ungleichheiten und Förderung der Inklusion;
- Bekämpfung des Klimawandels, Gewährleistung einer gesunden Umwelt und Wiederherstellung der Artenvielfalt;
- Entwicklung einer sicheren, integrativen und nachhaltigen Mobilität.
Des Weiteren umfasst die Erklärung sechs Empfehlungen an die europäischen Institutionen für die kommende Legislaturperiode 2024-2029. Die Prioritäten und Empfehlungen werden vom belgischen Ratsvorsitz in weiteren Veranstaltungen aufgegriffen, wie beispielsweise im Rahmen des Gipfels der Städte und Regionen. Dieser wird vom Europäischen Ausschuss der Regionen am 18. bis 19. März 2024 in Mons organisiert.
Die Erklärung wurde zuvor in mehreren Konsultationsrunden durch die belgische Ratspräsidentschaft erarbeitet, an denen sich auch der Deutsche Städtetag und viele seiner Mitglieder beteiligten. Die Erklärung stellt ein wichtiges Zeichen für die EU-Entscheidungsträgerinnen und -träger mit Blick auf die städtische Dimension europäischer Politik dar. Dies gilt insbesondere angesichts der im Juni anstehenden Europawahl und der Formulierung einer neuen Strategischen Agenda der EU 2024-2029.
(reh)
Umwelt
Einigung auf CO2-Standards für LKW und Busse
Am 19. Januar 2024 haben sich das Europäische Parlament und der Rat auf verschärfte CO2-Vorgaben für neue schwere Nutzfahrzeuge geeinigt, die ab 2030 auf den EU-Markt kommen. Die Verringerung der CO2-Emissionen soll sicherstellen, dass dieses Segment des Verkehrssektors zum Übergang zu sauberer und nachhaltiger Mobilität und zu den Klimazielen der EU beiträgt. Um den Übergang zu einem emissionsfreien öffentlichen Verkehr in ganz Europa zu beschleunigen, müssen neue Stadtbusse die Emissionen ab 2030 um 90 Prozent senken und bis 2035 emissionsfrei sein.
Schwere Nutzfahrzeuge sind für mehr als 25 Prozent der Treibhausgasemissionen des Straßenverkehrs in der EU verantwortlich und machen mehr als 6 Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen der EU aus. Die gesetzgebenden Organe haben sich darauf geeinigt, den Anwendungsbereich der entsprechenden Verordnung zu erweitern, sodass fast für alle neuen schweren Nutzfahrzeuge mit zertifizierten CO2-Emissionen – darunter auch kleinere Lastkraftwagen, Stadtbusse, Reisebusse und Anhänger – Reduktionsziele gelten.
Ausnahmeregelung von den in der Verordnung festgelegten CO2-Reduktionszielvorgaben gelten für die Hersteller kleiner Stückzahlen und für Fahrzeuge für Bergbau-, Forst- und Landwirtschaftszwecke, für Fahrzeuge für den Einsatz durch die Streitkräfte und die Feuerwehr sowie durch den Katastrophenschutz, zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung sowie durch medizinische Dienste.
Die Einigung sendet ein klares Signal an die Hersteller, die Verkehrsunternehmen und die Nutzerinnen und Nutzer, um Investitionen in innovative emissionsfreie Technologien zu lenken und den Aufbau der Lade- und Betankungsinfrastruktur zu fördern. Gemäß der vorläufigen Einigung wird die Kommission die Wirksamkeit und die Auswirkungen der Verordnung bis 2027 überprüfen.
Das Europäische Parlament und der Rat müssen die vorläufige Einigung noch formell beschließen. Danach werden die Rechtsvorschriften im EU-Amtsblatt veröffentlicht und treten in Kraft.
(sip)
Klima
Debatte um ein EU-Klimaziel für 2040 eröffnet
Die EU-Kommission hat am 6. Februar 2024 eine Mitteilung zum EU-Klimaziel für 2040 veröffentlicht. Die EU empfiehlt dabei ein Ziel für eine 90 Prozent Netto-Emissionssenkung bis 2040. Ziel ist es, die EU-Mitgliedsstaaten auf dem Weg zwischen dem bestehenden EU-Klimaziel für 2030 und dem langfristigen Ziel zu halten, bis 2050 Netto-Null-Emissionen zu erreichen und den Beitrag Europas zum Klimawandel zu beenden.
Die größten Herausforderungen bei der Reduzierung der Emissionen sieht die EU‑Kommission in den Sektoren Energieerzeugung, Verkehr und Landwirtschaft. Dennoch werden Emissionssenkungen für die Landwirtschaft in der Mitteilung nicht berücksichtigt. Ein früherer Entwurf des EU-Ziels, sah noch vor, dass die Landwirtschaft ihre Nicht-CO2-Emissionen bis 2040 um 30 Prozent gegenüber 2015 senken muss, um das allgemeine Klimaziel zu erreichen. Im Energiesektor soll der Verbrauch fossiler Brennstoffe bis 2040 um 80 Prozent gegenüber 2021 sinken. Im Jahr 2026 wird die Kommission eine Ausweitung der Kohlenstoffbepreisung für den Luft- und Schifffahrtssektor untersuchen. Auch sollen die EU‑Staaten deutlich mehr als bisher in den Klimaschutz investieren, nämlich zusätzliche 1,5 Prozent ihres BIPs.
Die Mitteilung ist unverbindlich und soll die politische Debatte um das Klimaziel 2040 eröffnen. Es ist an der neuen Kommission, einen Legislativvorschlag zur Aufnahme des 2040-Ziels zu entwickeln. Der für Klima zuständige Kommissar Wopke Hoekstra stellte das Klimaziel und einige Vorschläge aus der Mitteilung dem Europäischen Parlament in Strassurg vor.
Er erklärte, dass die Kommission ihre Klimapolitik an zwei Standbeiden ausrichtet: Klimamaßnahmen und eine starke und resiliente Wirtschaft. Die Wirtschaft soll Verlässlichkeit und gute Investitionsbedingungen vorfinden. Dies gelte es mit Klimapolitik zu vereinbaren. Ein Plan für das Ausrollen von Schlüsseltechnologien soll sich auch auf den Aufbau eines Vorsprungs in der europäischen Clean-Tech-Industrie konzentrieren und die öffentliche Unterstützung für die Klimapolitik aufrechterhalten. Die Kommission setzt dabei stark auf Carbon-Capture Storage und Kohlenstoffabscheidung.
Um auf die Kritik einzugehen, dass es auch in Staaten außerhalb der EU mit dem Klimaschutz und der Reduzierung der Emissionen vorangehen muss, will die Kommission eine neue Task Force "Carbon Market Diplomacy" schaffen. Diese Task Force soll andere Länder beim Aufbau von Klimamaßnahmen beraten.
Die Mitteilung beruht auf Artikel 4 der Klimaschutzverordnung (EU) 2021/1119 wonach das festgeschriebene Aufstellen eines unionweiten Klimazwischenziels für 2040 verpflichtend ist.
(fia)
Ukraine
Neue Ukraine-Fazilität: Städtepartnerschaften berücksichtigt
Am 6. Februar 2024 erzielten Rat und Europäisches Parlament eine vorläufige Einigung über die sogenannte Ukraine-Fazilität. Die Fazilität ist ein neues spezielles Instrument zur Unterstützung der Erholung, des Wiederaufbaus und der Modernisierung der Ukraine. Gleichzeitig sollen dadurch die Reformbemühungen der Ukraine auf ihrem Weg zum EU-Beitritt begleitet werden.
Die Fazilität für die Ukraine wird mit einem Gesamtbudget von 50 Milliarden Euro ausgestattet. Nach der Einigung der EU-Institutionen setzt sich das Gesamtbudget aus 33 Milliarden Euro an Darlehen und 17 Milliarden Euro an Finanzhilfen zusammen. Die Ukraine-Fazilität muss im laufenden Haushalt der EU abgebildet werden. Hierzu wurden parallel Verhandlungen zwischen Rat und Europäischem Parlament über die Überarbeitung des Mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) 2021-2027 zu Ende geführt. Aus dem MFR sollen mit Blick auf die Fazilität die Zuschüsse finanziert und die Darlehen garantiert werden. Es wird erwartet, dass zusätzliche Finanzmittel aus eingefrorenen russischen Vermögenswerten bereitgestellt werden können.
Die Ukraine-Fazilität wurde von der Kommission im Juni 2023 vorgeschlagen, um die Budgethilfe der EU für die Ukraine in einem einzigen Instrument für einen Zeitraum von 2024 bis 2027 zu bündeln (siehe auch Europa News 5/2023).
Die Mittel der Fazilität sollen auf drei Säulen verteilt werden:
- Unter Säule I wird die ukrainische Regierung einen „Ukraine-Plan“ ausarbeiten. Dieser soll die Vorhaben zu Wiederaufbau und Modernisierung sowie Reformen für insbesondere Verwaltung, Rechtsstaatlichkeit und Haushaltsführung detailliert darlegen. Finanzielle Unterstützung in Form von Finanzhilfen und Darlehen für den ukrainischen Staat würde auf der Grundlage der Umsetzung des Ukraine-Plans bereitgestellt, der an eine Reihe von Bedingungen und einen Zeitplan für die Auszahlungen geknüpft sein wird.
- Bei Säule II geht es um den Investitionsrahmen für die Ukraine. Die EU wird Unterstützung in Form von Haushaltsgarantien und einer Kombination von Finanzhilfen und Darlehen privater und öffentlicher Einrichtungen gewähren.
- Die Säule III betrifft den EU-Beitrittsprozesses bzw. konkret die Beitrittshilfe und andere Unterstützungsmaßnahmen seitens der Union, die der Ukraine bei der Angleichung an EU-Recht und bei der Durchführung von Strukturreformen auf ihrem Weg zur künftigen EU-Mitgliedschaft helfen.
In den Verhandlungen setzte das Europäische Parlament gegenüber dem Rat und der Europäischen Kommission durch, dass das ukrainische Parlament bei der Entwicklung der Fazilität involviert ist. Die Kommission soll zudem alle vier Monate dem Europäischen Parlament Bericht über die Fortschritte und Umsetzung erstatten.
Der Deutsche Städtetag setzte sich dafür ein, dass den Städten mittelfristig die Möglichkeit von finanziellen Unterstützungen ihrer Arbeit im Rahmen von Städtepartnerschaften und kommunalen Kooperationen ermöglicht werden. Laut dem inzwischen veröffentlichen Wortlaut der Einigung wurden diese Punkte in Säule 1 unter Artikel 16.2 (e) und in Säule III unter Artikel 32.2 berücksichtigt.
Am 27. Februar wurde die Einigung vom Plenum des Europäischen Parlamentes angenommen. Eine Annahme durch den Rat steht noch aus.
(fia)
Migration
Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS)
Bereits am 20. Dezember einigten sich die EU-Mitgliedstaaten, das Europäische Parlament und die Europäische Kommission nach zweitägigen Verhandlungen im sogenannten Trilog-Verfahren auf einen Kompromiss über die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems geeinigt. Im Mittelpunkt stehen fünf Verordnungen, mit denen das europäische Asyl- und Migrationssystem neu geregelt werden soll:
- Verordnung über das Asyl- und Migrationsmanagement
- Verordnung zur Bewältigung von Krisensituationen und Situationen höherer Gewalt
- Verordnung zur Einführung des Screenings von Drittstaatsangehörigen an den Außengrenzen
- Verordnung zur Einführung eines gemeinsamen Verfahrens zur Gewährung internationalen Schutzes
- Verordnung über die Einrichtung von EURODAC
Die Verordnungen enthalten neben verschiedenen Anpassungen und Neuregelungen im Bereich der Kontrolle und Erfassung von Drittstaatsangehörigen an den Außengrenzen und in den Mitgliedstaaten der EU zudem die Grundlagen für die Einführung sogenannter „Grenzverfahren“ in Einrichtungen an den europäischen Außengrenzen sowie eines verbindlichen Solidaritätsmechanismus bei bestehendem „Migrationsdruck“ einzelner Mitgliedstaaten. Weitere Informationen zu den konkreten Inhalten der jeweiligen Verordnungen finden Sie hier.
Die Einigung muss formell vom Europäischen Parlament und vom Rat angenommen werden. Eine wesentliche Hürde wurde am 08. Februar von den Botschaftern der Mitgliedsstaaten genommen, welche die Einigungen um den Asyl- und Migrationspakt angenommen haben.
Ein Abschluss des europäischen Gesetzgebungsverfahrens wird spätestens im März 2024 erwartet.
Die EU-Asylreform wird nicht kurzfristig spürbar sein. Die Umsetzungsfrist für die Mitgliedstaaten beträgt zwei Jahre, sodass die Verordnungen erst 2026 Anwendung finden. Alle provisorischen Einigungen der GEAS wurden inzwischen auf Englisch veröffentlicht.
(fia)
Soziales
Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen: Einigung auf EU-Richtlinie
Anfang Februar haben der Rat und das Europäische Parlament eine politische Einigung über den ersten EU-Rechtsakt zu Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt erzielt. Die neue Richtlinie enthält Mindestvorschriften für die Definition bestimmter Straftaten und Strafen, um diese Form der Gewalt zu bekämpfen.
Mit der Richtlinie werden körperliche Gewalt sowie psychische, wirtschaftliche und sexuelle Gewalt gegen Frauen in der gesamten EU sowohl offline als auch online unter Strafe gestellt. Konkret geht es unter anderem um Vorschriften zu weiblicher Genitalverstümmelung, Zwangsehen, die nicht-einvernehmliche Weitergabe von intimen Bildern, Cyberstalking, Cybermobbing und die Aufstachelung zu Gewalt oder Hass im Internet.
Keine Einigung wurde hingegen zur vorgeschlagenen Kriminalisierung von Vergewaltigung erzielt. Die Richtlinie enthält lediglich Präventionsanforderungen, wodurch die zentrale Rolle der Einwilligung in sexuellen Beziehungen gefördert und gezielte Maßnahmen zur Verhütung von Vergewaltigungen ergriffen werden sollen.
Weitere Maßnahmen sind zur Verhütung aller Arten von Gewalt gegen Frauen, einschließlich häuslicher Gewalt, vorgesehen. Zudem legt die Richtlinie neue Standards für den Schutz, die Unterstützung und den Zugang der Opfer zur Justiz fest. So werden beispielsweise die Mitgliedstaaten verpflichtet, zur Unterstützung von Opfern Hotlines und Krisenzentren für Vergewaltigungen einzurichten.
Der endgültige Rechtsakt muss noch vom Rat und vom Parlament angenommen werden, bevor er in Kraft treten kann.
(kue)
Erklärung zu einem dynamischen europäischen sozialen Dialog
Am 31. Januar 2024 trafen sich Vertreterinnen und Vertreter von Europäischer Kommission, belgischem EU-Ratsvorsitz und europäischen Sozialpartnern zu einem Sozialgipfeltreffen in Val Duchesse. Sie unterzeichneten eine "Dreigliedrige Erklärung für einen dynamischen europäischen sozialen Dialog" als erneutes Bekenntnis zur Stärkung des sozialen Dialogs auf EU-Ebene und zur Bündelung der Kräfte, um zentrale Herausforderungen der Volkswirtschaften und Arbeitsmärkte in der EU zu bewältigen. Das Ziel ist die Förderung florierender Unternehmen, hochwertiger Arbeitsplätze und Dienstleistungen sowie besserer Arbeitsbedingungen. Kernpunkte der Erklärung sind:
- Behebung des Arbeits- und Fachkräftemangels: Die Kommission wird in Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern im Frühjahr 2024 einen Aktionsplan zur Behebung des Arbeits- und Fachkräftemangels vorlegen. Darüber verpflichten sich die Unterzeichnenden, jeweils ihren Teil dazu beizutragen, mehr Menschen in den Arbeitsmarkt zu bringen, Arbeitsbedingungen zu verbessern, die Anerkennung von Qualifikationen zu erleichtern und Arbeitskräfte aus dem Ausland zu integrieren.
- Der europäische soziale Dialog im Mittelpunkt unserer gemeinsamen Zukunft: Die Sozialpartner spielen eine wesentliche Rolle dabei, wie die EU auf sich verändernde wirtschaftliche und soziale Bedingungen eingeht und sich daran anpasst, auch in Anbetracht des ökologischen und des digitalen Wandels. In der Erklärung wird das Engagement der EU für die uneingeschränkte Achtung und Förderung der Rolle der Sozialpartner und des sozialen Dialogs bekräftigt.
- Einsetzung einer oder eines Beauftragten für den europäischen sozialen Dialog: Die Kommission wird eigens eine/n Beauftragte/n für den europäischen sozialen Dialog einsetzen, um die Rolle des sozialen Dialogs auf europäischer und nationaler Ebene zu fördern und weiter zu stärken. Er oder sie wird die Umsetzung der Mitteilung der Kommission über die Stärkung des sozialen Dialogs in der EU unterstützen und koordinieren.
- Einführung eines Pakts für den europäischen sozialen Dialog: In einer Reihe zwei- und dreigliedriger Sitzungen wird ermittelt, wie der soziale Dialog auf EU-Ebene gestärkt werden kann. Dazu gehören die institutionelle und finanzielle Unterstützung und Kapazitätsaufbau durch die EU sowie ein vereinbarter zweigliedriger Ansatz für neue Vereinbarungen zwischen den Sozialpartnern. Ziel ist es, den Pakt bis Anfang 2025 abzuschließen.
(kue)
Diskussion zu lokalem Integrationsmanagement
Am 14. Februar 2024 lud die Vertretung des Landes Baden-Württemberg in Brüssel zur Podiumsdiskussion "Wie gelingt die Integration Geflüchteter in unsere europäischen Gesellschaften?" ein, um europäische und praktische Perspektiven auf das Integrationsmanagement in den Kommunen auszutauschen.
Die Zahl der Asylbewerberinnen und -bewerber in der EU betrug 2023 über eine Million und wird laut Europäischer Asylagentur in diesem Jahr weiter steigen. Allein nach Baden-Württemberg flohen im Jahr 2022 ca. 130.000 Ukrainerinnen und Ukrainer. Mit 2,01 Millionen ausländischen Staatsangehörigen wurde Ende 2022 ein neuer Höchststand in Baden-Württemberg erreicht. Jeder dritte Baden-Württemberger hat einen Migrationshintergrund.
Staatssekretärin Dr. Ute Leidig MdL führte aus, wie Baden-Württemberg seit 2017 mit dem "Pakt für Integration" gemeinsam mit den Kommunen Integration in der Fläche ermöglicht. Mit 58 Millionen Euro jährlich wird die kommunale Integrationsarbeit und das Integrationsmanagement gestärkt. Hierbei hat sich die enge Kooperation mit den Landesverbänden und der kommunalen Familie bewährt. Über 1.200 Integrationsmanager beraten Geflüchtete, leisten Sozialarbeit und erstellen Integrationspläne für den einzelnen Fall. Hervorgehoben wurde vor allem die Schlüsselrolle von Frauen im Integrationsprozess, die Potenziale für den Arbeitsmarkt sowie migrantisches Unternehmertum.
Alexander Wolffhardt, stellvertretender Direktor des Migration Policy Group Institute Europe, stellte seine langjährige Forschung über die gesellschaftlichen und strukturellen Rahmen- und Gelingensbedingungen von Integration dar. Die länder- und regionenvergleichenden Analysen widmen sich vor allem der öffentlichen Meinung über die Integration von Geflüchteten aus dem außereuropäischen Ausland und der Ukraine. Die Indizes der Migration Policy Group verbinden dabei Umfragedaten und Experteneinschätzungen lokaler Migrationspolitiken. Es zeigt sich, dass in Deutschland die öffentliche Meinung vorherrscht, dass Geflüchtete, die Aufnahmegesellschaft und staatliche Stellen gemeinschaftlich eine Integrationsverantwortung für eine gleichwertige und soziale Teilhabe aller tragen.
In den Debatten kamen auch Praktikerinnen und Praktiker der Integration zu Wort. Frau Mirjam Koch, Integrationsbeauftragte und Leiterin des Amts für Migration und Integration, Landratsamt Reutlingen, und Frau Kathrin Haas, Leiterin des Amts für Integration des Landratsamts Karlsruhe stellten ihre praktischen Perspektiven dar. Herausgestellt wurde die Einführung des Integrationsmanagements, womit sich statistisch erheben lässt, wie sich etwa der Zugang zum Arbeitsmarkt, zu Bildungsangeboten und zu Sprachkursen der in den Jahren 2015 und 2016 migrierten Geflüchteten entwickelt hat. Aufbauend auf dem Monitoring der Integrationsverläufe ließen sich strukturelle Hürden und Potenziale erkennen und optimieren. Ziel sei es, alle Migrantinnen und Migranten binnen drei Jahren umfassend zu integrieren.
Dr. Katerina Dimitrakopoulou aus der Generaldirektion für Migration und Inneres der Europäischen Kommission betonte den Beitrag gelingender Integration zum sozialen Zusammenhalt, partnerschaftliche Ansätze zwischen Behörden und Zivilgesellschaft sowie die Berücksichtigung besonders vulnerabler Migrantengruppen. Erik Marquardt, Abgeordneter und Sprecher für Migration und Integration der Fraktion Grüne/Freie Europäische Allianz im Europäischen Parlament gab überdies Einblicke in den Stand der Gespräche über den Europäischen Migrations- und Asylpakt (GEAS) sowie die Zukunft des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) der EU. Überlegt werde, die Mindestfördersummen des AMIF zu senken, um kleine Projekte zu adressieren und die Breitenwirkung des Fonds zu erhöhen sowie Städten direkte Finanzierungen unabhängig von den nationalen Regierungen zu ermöglichen.
In der nachfolgenden Publikumsdiskussion wurde auf die Rolle migrantischer Selbstorganisationen und die Bedarfe unabhängiger und kostenloser Rechtsberatung für Migranten aufmerksam gemacht.
(sip)
Tipps & Hinweise
Grüne Hauptstadt Europas 2026 gesucht: Bewerbung bis Ende April möglich
Noch bis zum 30. April 2024 können sich Mittel- und Großstädte für die Green City Awards 2026 der Europäischen Kommission registrieren und bewerben. Für Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern wird der Titel der Europäischen Grünen Hauptstadt mit 600.000 Euro und für zwei kleinere Städte ab 20.000 Einwohnern die "Green Leaf Awards" mit jeweils 200.000 Euro Preisgeld ausgelobt. Gewinnerstädte werden bei der Umsetzung von Initiativen zur Verbesserung ihrer Umweltleistung unterstützt.
Die Green City Awards 2026 würdigen lokale Maßnahmen für einen Übergang zu einer umweltfreundlicheren und nachhaltigeren Zukunft. Eine grünere Stadt ist ein Ort, der Investoren und Touristen anzieht sowie ihren Bürgerinnen und Bürgern eine bessere Lebensqualität bietet. Die Gewinnerstädte beziehen die Zivilgesellschaft in diesen Wandel ein, verbessern die städtische Umwelt, bekämpfen die Umweltverschmutzung und bereiten sich für mehr Widerstandsfähigkeit gegen den Klimawandel vor.
Eine Jury unabhängiger Expertinnen und Experten für urbane Nachhaltigkeit wird die Leistung der Städte anhand von sieben umweltbezogenen Indikatoren prüfen und bewerten: Luftqualität; Wasser; biologische Vielfalt, Grünflächen und nachhaltige Landnutzung; Abfall und Kreislaufwirtschaft; Lärm; Eindämmung des Klimawandels; Anpassung an den Klimawandel.
Auf Grundlage der Empfehlungen der Sachverständigen und der Hintergrundinformationen wählt die Europäische Kommission voraussichtlich im Juni oder Juli 2024 die Finalisten-Städte aus. Diese werden von der Jury gebeten, zusätzliche Maßnahmen einer nachhaltigen Governance- und Kommunikationsstrategie zu leisten. Die Preisträger werden voraussichtlich im Oktober 2024 durch die Europäische Kommission eingeladen, um der Jury ihre Visionen grünerer Städte zu präsentieren.
(sip)
Europawahl 2024: Europas Zukunft Richtung geben
Anhang
Redaktion:
Lina Furch (verantwortlich)
Autorinnen und Autoren:
U. Fikar (fia), K. Kühne (kue), P. Rehmert (reh), V. Sipeer (sip)