Konferenz in Leipzig
09.10.2020

Corona-Auswirkungen belasten Innenstädte

Oberbürgermeister der ostdeutschen Städte zur Entwicklung der Innenstädte und nötiger Städtebauförderung von Bund und Ländern

Folgen der Corona-Krise wie Kontaktbeschränkungen und zeitweise Geschäftsschließungen beschleunigen massiv den Trend zum Onlinekauf. Gleichzeitig ringen Einzelhandelsgeschäfte und Kaufhausfilialen zum Teil um ihre wirtschaftliche Existenz. Bestimmte Segmente des stationären Einzelhandels beklagen dramatische Umsatzrückgänge. Besonders verletzlich ist der eigentümergeführte Einzelhandel. Die Stadtspitzen der ostdeutschen Städte halten deshalb ein schnelles Gegensteuern für dringlich. Das machte der Deutsche Städtetag nach einer OB-Konferenz der ostdeutschen Städte in Leipzig deutlich.

Städtetagspräsident Burkhard Jung, Oberbürgermeister der Stadt Leipzig, sagte: "Städte sollten auf eine lebenswerte, grüne und autoarme Innenstadt setzen, die dem Zusammenkommen und der Kultur Raum bietet. Diese Aspekte müssen wir jetzt stärker in den Mittelpunkt rücken können, nachdem in den vergangenen Jahrzehnten der Einzelhandel eine sehr starke Position innehatte. Nur wenn auf dem Marktplatz und drumherum etwas los ist, zieht es die Menschen in die Stadt. Das hilft auch den Geschäften. Und je mehr Kultur, Begegnung und Gastronomie neben dem Handel der Anker sind, desto besser kann man in der Stadt mit Veränderungen beim Einzelhandel umgehen. Um die Innenstädte gezielt zu stärken, brauchen wir mehr Städtebauförderung durch Bund und Länder als die derzeit 790 Millionen Euro. Dann können wir die Innenstädte besser stabilisieren, wiederbeleben und weiterentwickeln."

Jung forderte auch mehr Möglichkeiten der Kommunen zum vorübergehenden Erwerb von städtebaulich relevanten Schlüsselimmobilien, zum Beispiel aufgegebene Kaufhausfilialen. "Um größere Leerstände in Fußgängerzonen und negative Folgen für das Umfeld zu verhindern, müssen wir jetzt schnell handeln können. Dafür müssen Bund und Länder die Städte jetzt wirksam bei neuen, zukunftsfähigen Konzepten unterstützen. Denn wenn sich verlorene Handelsflächen in der Stadt nicht mehr durch anderen Handel ersetzen lassen, müssen wir ganz neu denken und agieren." Ansatzpunkte sieht Jung darin, in den Innenstädten wieder stärker auch auf Wohnen, Handwerk, Produktion, Bildung, Kultur und Kommunikation als prägende Elemente zu setzen. Es gelte, Arbeiten, Einkaufen, Dienstleistungen, Produktion und Wohnen nicht mehr so stark räumlich aufzuteilen wie bisher.

Oberbürgermeister Silvio Witt aus Neubrandenburg, der dem Präsidium des Deutschen Städtetages angehört, sagte: "Die Interessen der Menschen beim Einkaufserlebnis verändern sich. Es braucht Ideen und Innovationen, um die Kundschaft anzuziehen. Dann sind weiterhin lebendige Innenstädte garantiert. In der Vier-Tore-Stadt Neubrandenburg wird zum Ende des Monats die Kaufhauskette Karstadt/Kaufhof ihre Türen schließen. Dabei handelt es sich um ein zentral gelegenes Gebäude von großer innerstädtischer Bedeutung. Das Kaufhaus ist ein Anlaufpunkt für Kundinnen und Kunden, die unsere Innenstadt beleben und die weiteren Angebote nutzen.

Ich bin mir aber sicher, dass Neubrandenburg als Einzelhandelsstandort weiterhin attraktiv bleiben wird. Neubrandenburgs Innenstadt hat sich in den vergangenen Jahren mit neuen Unternehmen und Angeboten stets weiterentwickelt und daher aus meiner Sicht ein großes Potential. Dazu trägt auch das gemeinsame Engagement der Innenstadthändler in Form einer Werbegemeinschaft bei. Außerdem haben wir mit Förderung der Landesregierung einen Handelsmanager eingestellt."