"Ansätze rasch umsetzen, damit strukturschwache Städte aufholen"
"Das Konzept der Bundesregierung für gleichwertige Lebensverhältnisse wird sicher keine Wunder bewirken. Was jetzt auf dem Tisch liegt, kann aber strukturschwachen Kommunen helfen. Es enthält einige gute Ansätze, damit strukturschwache Städte und Regionen besser aufholen können. Wir erwarten zügig Gespräche, damit offene Fragen geklärt werden. Dazu gehört auch, dass der Bund sagt, welche Finanzmittel er zusätzlich bereitstellen wird. Die Umsetzung sollte noch in dieser Legislaturperiode starten. Denn die Zukunftschancen der Menschen dürfen nicht davon abhängen, in welcher Region jemand lebt. Und die Städte müssen überall im Land handlungsfähig sein.
Dass ein gesamtdeutsches Fördersystem für Ost und West, Nord und Süd, für Städte und ländliche Regionen kommen soll, ist richtig. Das haben wir als Städtetag lange gefordert. Hierfür werden Bundesprogramme zusammengefasst und die Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur weiterentwickelt. Durch die Förderung wirtschaftsnaher Infrastruktur sollen sich Unternehmen leichter ansiedeln und die Wettbewerbsfähigkeit strukturschwacher Regionen gestärkt werden. So sollen beispielsweise der Tourismus gefördert, in innovative Gewerbehöfe und interkommunale Gewerbegebiete investiert sowie Industriebrachen revitalisiert und die Forschung unterstützt werden. Allerdings wird bisher keinerlei Aussage getroffen, was der Bund hier finanziell zusätzlich leisten will. Das Fördersystem wird nur dann neue Wirkung entfalten, wenn die Gelder dafür deutlich aufgestockt werden. Nötig ist das besonders für die wirtschaftsnahe kommunale Infrastruktur.
Hoffnungsschimmer bei kommunalen Altschulden
Ein Hoffnungsschimmer zeichnet sich beim Thema kommunale Altschulden ab. Das Problem der Altschulden ist für die betroffenen Städte sehr gravierend, weil es ihren Handlungsspielraum für die Bürgerinnen und Bürger enorm einschränkt. Die kommunalen Kassenkredite belaufen sich auf 48 Milliarden Euro. Deshalb ist es gut, wenn sich der Bund prinzipiell bereit erklärt, an einer Lösung dieses Problems finanziell mitzuwirken. Und es ist ein Fortschritt, wenn die Bundesregierung in dem geplanten Kabinettsbeschluss anerkennt, dass die von Altschulden betroffenen Kommunen absehbar ihre finanzielle Situation nicht aus eigener Kraft dauerhaft verbessern können, trotz aller Anstrengungen der betroffenen Länder.
Allerdings lässt das Papier der Regierung mehrere Fragen offen: Der Bund knüpft mögliche Hilfe bei Zins- und Tilgungslasten der Kommunen an Bedingungen, vor allem an einen nationalen Konsens. Ob und wie ein solcher Konsens erreicht werden kann, muss daher intensiv besprochen werden. Dabei wird der Bund seine Überlegungen konkretisieren müssen: Denn welcher Beitrag in einem solchen nationalen Konsens auf Bund, Länder und Kommunen entfallen sollte und wie Art und Umfang der Bundeshilfen aussehen könnten, ist bisher nicht erkennbar. Die im Kabinettsbeschluss angekündigten Gespräche mit Bundestag, Ländern, betroffenen Kommunen und den kommunalen Spitzenverbänden müssen hier schnell Klarheit bringen.
Die Ursachen der hohen kommunalen Kassenkredite müssen in der Tat angegangen werden. Dazu zählt vor allem die hohe Belastung der Kommunen mit Sozialausgaben. Der Deutsche Städtetag ist sich daher mit allen Ländern einig, dass der Bund wirksam helfen kann, wenn er sich stärker an den Unterkunftskosten für Langzeitarbeitslose beteiligt. Diesen Vorschlag werden wir unabhängig von möglicher Hilfe des Bundes bei Zins- und Tilgungslasten der Kommunen in die Gespräche einbringen.
Kritik am Verfahren
Ursprünglich sollte es einen gemeinsamen Bericht der Kommission Gleichwertige Lebensverhältnisse geben. Der Bund hat diesen Plan eigenmächtig geändert und Länder und kommunale Spitzenverbände damit vor vollendete Tatsachen gestellt. Nachdem der Bund jetzt Position bezogen hat, erwarten wir, dass er die Kommunen jetzt wieder angemessen einbezieht und hoffen sehr, dass die offenen Fragen bald geklärt werden können."