"Prinzip der Herstellerverantwortung ist Prinzip gerechter Lastenteilung"
Zu möglichen Änderungen an der Kommunalabwasserrichtlinie (KARL) der EU sagte Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung:
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Frank Nürnberger
"Wir sehen mit großer Sorge, dass die Pharmaindustrie die Beteiligung an den Kosten der Abwasserreinigung wieder in Frage stellt. Spurenrückstände von Salben, Tabletten und Kosmetika belasten die Abwässer. Sie sind es, die ganz maßgeblich den höheren Reinigungsaufwand der neuen vierten Reinigungsstufe bei der Abwasserreinigung verursachen.
Wenn die Herstellerverantwortung wegfällt, landen die höheren Reinigungskosten für das Abwasser bei den Gebührenzahlerinnen und -zahlern in den Städten. Das kann so nicht richtig sein.
Und auch der Weg, der in Brüssel jetzt versucht wird, ist problematisch: Eine lange und transparent verhandelte Richtlinie in einem Omnibus-Verfahren mal eben so abzuräumen, ist keine verlässliche EU-Gesetzgebung.
Wir alle wollen sauberes Trinkwasser. Es geht um die Gesundheit der Menschen und um die Umwelt. Wir wissen, welche Auswirkungen Kleinstpartikel und Rückstände im Trinkwasser haben können.
Die Gesundheit der Menschen zu schützen, ist kein Bürokratie-Wildwuchs. Das Prinzip der Herstellerverantwortung ist außerdem ein Prinzip gerechter Lastenteilung – und zudem recht simpel umzusetzen. Das hat nichts mit Bürokratie zu tun.
Wir halten die Kosten für die Hersteller für vertretbar. Wir sprechen von knapp 9 Milliarden bis 2045 für den Ausbau und Betrieb der Viertbehandlung. Auf die Pharma- und Kosmetikindustrie würden davon voraussichtlich 80 Prozent in Höhe von knapp sieben Milliarden Euro entfallen. Das liegt deutlich unter den von der Pharmabranche transportierten Zahlen.
Außerdem fallen diese Kosten nicht sofort in vollem Umfang an, das verteilt sich über Jahre und über viele, viele Hersteller. Das ist kein Grund, Europa den Rücken zu kehren.
Denn es werden ja alle Hersteller von Pharma- und Kosmetikprodukten, die Produkte im europäischen Binnenmarkt in den Verkehr bringen, verpflichtet – unabhängig von ihrem Sitz oder ihrer Produktionsstätte. Das macht ja auch Sinn, denn das Wasser wir hier belastet und nicht im Ausland."