Finanzielle Zukunft der Städte bleibt unklar
10.04.2025

Zukunftspakt, Bürokratieabbau und Infrastruktur-Zukunftsgesetz können Handlungsfähigkeit der Städte verbessern

Deutscher Städtetag zum Koalitionsvertrag

Der Deutsche Städtetag erkennt im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD "viele gute Impulse, die eine Politik für zukunftsfähige Städte möglich machen. Vor allem der Zukunftspakt zwischen Bund, Ländern und Kommunen für mehr finanzielle Handlungsfähigkeit muss jetzt zügig mit Leben erfüllt werden. Positiv ist, dass künftig bei jedem Gesetz geprüft werden soll, wie es sich finanziell und organisatorisch auf die Städte auswirkt", sagte Markus Lewe, Präsident des Deutschen Städtetages und Oberbürgermeister der Stadt Münster.

  • Markus Lewe, Präsident des Deutschen Städtetages

Lewe forderte weiter:

"Die Weltlage ändert sich gerade dramatisch. Deutschland braucht möglichst schnell eine Regierung, die den Menschen Sicherheit und Perspektive gibt. Alle drei Parteien sollten dem Koalitionsvertrag jetzt zustimmen, damit die Regierungsarbeit starten kann."


Im Koalitionsvertrag seien mehrere zentrale Forderungen des Deutschen Städtetages aufgegriffen worden, betonte Lewe: "Das macht uns Hoffnung. Erfolgreiche Koalitionsverhandlungen bedeuten aber noch nicht per se erfolgreiche Politik für unsere Städte und die Bürgerinnen und Bürger. Ein Knackpunkt für die kommenden vier Jahre wird sein, ob es gelingt, die Städte wieder finanziell handlungsfähig zu machen. Die Finanzsituation der Städte ist dramatisch. Die rund 25 Milliarden Euro kommunales Defizit im vergangenen Jahr rauben uns fast jeden Handlungsspielraum. Deshalb muss klar sein: Jedes Gesetz zur Steuerentlastung, das den Bundestag passiert, muss Steuerausfälle bei den Kommunen vollständig ausgleichen. Noch mehr Minus würden die kommunalen Haushalte nicht verkraften."

Erste Bewertung des Koalitionsvertrages

Die konkreten Verabredungen aus dem Koalitionsvertrag bewertet der Präsident des Deutschen Städtetages in einer ersten Reaktion wie folgt:

  • Bürokratie soll auch für die Verwaltung abgesenkt werden
    Die Bürokratiekosten für Unternehmen, Bürgerinnen und Bürger, aber auch für die öffentlichen Verwaltungen, um mindestens 10 Milliarden Euro zu senken, "unterstützen die Städte eindeutig", so Lewe. "Es ist ein wichtiger Schritt, dass auch die kommunalen Verwaltungen mit in den Blick genommen werden. Denn auch sie sind oft betroffen durch unnötige Bürokratie. Mit der geplanten Entbürokratisierung des Aufenthaltsgesetzes kann die künftige Koalition ein erstes Ausrufezeichen setzen. Das kann die Ausländerbehörden deutlich entlasten. Hier hoffen wir auf klare rechtliche Regelungen."

 

  • Kommunalfinanzen – finanzielle Perspektive noch unklar
    Die Städte benötigen einen höheren Anteil an den Gemeinschaftssteuern. Die drei Parteien bekennen sich im Koalitionsvertrag zwar dazu, die Kommunalfinanzen systematisch zu verbessern. Der einfachste Weg dafür, nämlich ein höhrerer Steueranteil für die Städte und Gemeinden, findet sich aber nicht im Koalitionsvertrag. "Die finanzielle Perspektive der Städte bleibt unklar. Der Zukunftspakt für Bund, Länder und Kommunen muss schnell echte Ergebnisse liefern", so Lewe.
    Positiv ist, dass auch die Förderbürokratie verschlankt werden soll. "Wenn Förderprogramme auf ihre Wirksamkeit getestet werden, sollten Bund und Länder auch prüfen, welche Programme durch erhöhte Steueranteile für Städte und Gemeinden ersetzt werden können", erklärte der Städtetagspräsident. Eine gute Nachricht ist außerdem die angekündigte Verdoppelung der Städtebauförderung. Aber auch hier muss das Fördermittelmanagement radikal vereinfacht werden.

 

  • Planungen beschleunigen mit dem Infrastruktur-Zukunftsgesetz
    "Das angekündigte Infrastruktur-Zukunftsgesetz kann ein echter Gamechanger werden für schnellere Infrastruktur-Projekte", so Lewe. Mit dem Gesetz wollen CDU, CSU und SPD dafür sorgen, dass Mittel aus dem Sondervermögen Infrastruktur schnell investiert werden können. Entsprechende Vorhaben könnten mit einem so genannten überragenden öffentlichen Interesse ausgestattet und damit rechtlich priorisiert werden – mit ähnlichen Beschleunigungsregelungen wie es sie bereits für LNG-Terminals gibt.

 

  • Sozialstaatsreform voranbringen, Sozialleistungen zusammenfassen und digitalisieren
    "Die Städte unterstützen die geplante Kommission zur Sozialstaatsreform, die bereits in diesem Jahr Vorschläge zur Modernisierung vorlegen soll. Eine Neuausrichtiung ist längst überfällig", so Lewe. "Denn sowohl Aufgaben als auch Sozialausgaben der Städte steigen seit Jahrzehnten. Deshalb müssen sie in der Kommission mitwirken."

 

  • Agentur für Fachkräfteeinwanderung und Integration
    "Es ist gut, dass die Koalition die Anerkennung und Vermittlung von ausländischen Fachkräften beschleunigen und vereinfachen will", erklärte der Städtetagspräsident. Deutschland muss attraktiver für Fachkräfte aus anderen Ländern werden.
    Durch die Finanzierung der Migrationsberatung für erwachsene Zugewanderte, die Wiedereinführung der Sprach-Kitas und die Ausweitung des Start-Chancen-Programmes auf Kitas werden außerdem gute Grundlagen geschaffen für gute Integration in den Städten.

 

  • Krankenhausreform wird nachjustiert, Finanzlücke der Kliniken soll geschlossen werden
    Es ist wichtig, dass die Krankenhausreform fortgesetzt und nur an entscheidenden Punkten nachjustiert wird. Außerdem wird in Aussicht gestellt, dass die Finanzierunglücken der Krankenhäuser für die Jahre 2022 und 2023 geschlossen werden. "Das begrüßen die Städte – aber das Geld muss jetzt schnell bei den Kliniken ankommen. Die Zeit drängt", so Lewe.

 

  • ÖPNV soll gestärkt und Deutschlandticket unbefristet fortgesetzt werden
    Mit Blick auf den Koalitionsvertrag seien die Städte "zuversichtich, dass es der neuen Bundesregierung gelingt, die ÖPNV-Finanzierung mit den Ländern auf eine neue Grundlage zu stellen. Das Deutschlandticket soll dauerhaft fortgeführt werden. Das ist eine gute Nachricht", erklärte Lewe. Die Kosten sollen zwischen Bund und Ländern nach einem festen Schlüssel aufgeteilt werden. "Damit wäre der Dauerstreit ums Deutschlandticket endlich vorbei." Die Mittel aus dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz sollen schrittweise deutlich aufgestockt werden.

 

  • Schnell Klarheit für Wärmewende schaffen
    "Vielerorts läuft die kommunale Wärmeplanung bereits intensiv. Deshalb brauchen die Städte schnell Klarheit, unter welchen Rahmenbedingungen es weitergeht", so Lewe. Der Koalitionsvertrag enthält hier teils widersprüchliche Signale. Positiv bewerten die Städte den geplanten Investitionsfonds für die Energieinfrastruktur, der als Kombination von öffentlichen Garantien und privatem Kapital aufgelegt werden soll.

 

  • Klimaanpassung und Naturschutz
    Positiv ist, dass die Klimaanpassungsstrategie umgesetzt und die Finanzierung von Vorsorgemaßnahmen auch in den Städten gemeinsam mit den Ländern auf solide Beine gestellt werden sollen. Ebenso soll die Einführung einer Gemeinschaftsaufgabe geprüft werden. Ein wichtiges Signal ist zudem, dass das Aktionsprogramm natürlicher Klimaschutz verstetigt werden soll. Das entspricht den Forderungen des Deutschen Städtetages.