Investitionen in den Nahverkehr
26.09.2024

Bund muss jetzt Farbe bekennen

Deutscher Städtetag nach Sitzung des Präsidiums in Straubing

Die Städte fordern von der Bundesregierung einen Investitionsschub für den öffentlichen Nahverkehr. Ohne zusätzliche Mittel ist ein Ausbau des Bus- und Bahnverkehrs nicht möglich. Im Gegenteil: Mit den aktuell zur Verfügung stehenden Mitteln für den ÖPNV ist nicht einmal das derzeitige Niveau zu halten. Manche Städte könnten schon bald gezwungen sein, Fahrpläne auszudünnen. Das wäre mit Blick auf das gerade erst für 2025 gesicherte Deutschlandticket und die deutschen Klimaschutzziele fatal.

  • Porträtbild von Markus Lewe, Präsident des Deutschen Städtetages

Nach der Sitzung des Präsidiums des Deutschen Städtetages in Straubing erklärte der Präsident des Deutschen Städtetages, Oberbürgermeister Markus Lewe aus Münster: "Der Weckruf aus den Städten muss endlich im Bundesverkehrsministerium ankommen. Wenn wir mit dem Deutschlandticket mehr Menschen für den ÖPNV gewinnen wollen und wenn der Nahverkehr wirksam zum Klimaschutz beitragen soll, dann kommen wir mit Stückwerk nicht mehr weiter."

Lewe sagte weiter: 

"Der Bund muss jetzt Farbe bekennen und seinen Teil für einen echten Investitionsschub in den öffentlichen Nahverkehr leisten."

Konkret fordern die Städte von der Bundesregierung:

  • den im Koalitionsvertrag angekündigten Ausbau- und Modernisierungspakt für den ÖPNV endlich aufzulegen
  • eine langfristig abgesicherte Finanzierung des Deutschlandtickets
  • eine Anhebung der Mittel aus dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz von heute 1 auf 3 Milliarden Euro jährlich ab 2027
  • eine Anschubfinanzierung für mehr klimaneutrale Antriebe im ÖPNV
  • mehr Regionalisierungsmittel für den öffentlichen Nahverkehr

Bei den Regionalisierungsmitteln geht der Weg allerdings in die andere Richtung. Statt für den nötigen Schub zu sorgen, nutzt der Bund 350 Millionen aus den Regionalisierungsmitteln zur Haushaltskonsolidierung.

Jetzt handeln, um Klimaschutzziele 2030 zu erreichen

Lewe sagte:

"Wir müssen für die Menschen den Umstieg vom eigenen Auto auf den öffentlichen Nahverkehr so attraktiv wie möglich machen."

Die Städte wollen in moderne Busse und Bahnen, kürzere Taktzeiten, attraktive Netze und emissionsfreie Flotten investieren. Es braucht bessere Verbindungen, auch ins Umland und zwischen den Städten. Zusätzliche Angebote wie Rufverkehre für Randzeiten werden in Zukunft zum ÖPNV-Mix dazugehören. "Das alles ist nötig, um die Klimaziele bis 2030 zu erfüllen und die Fahrgastzahlen zu verdoppeln. Diese Ziele haben sich Bund, Länder und Kommunen gemeinsam gesetzt", so Lewe. Die Kosten dafür liegen zwischen 40 und 60 Milliarden Euro, schätzen verschiedene Gutachten. "Aber der Bund schweigt sich weiter darüber aus, wie das finanziert werden soll und welchen Beitrag er leistet. Das ist ein echtes Problem. Wir können nicht erst nach der nächsten Bundestagswahl weiterreden über den ÖPNV-Ausbau", so der Städtetagspräsident.

"Denn Investitionsentscheidungen, die wir jetzt für den Nahverkehr treffen, werden erst Jahre später wirksam – neue Busse und Bahnen müssen angeschafft, neue Strecken jetzt geplant und zügig gebaut werden. Es bleibt jetzt schon kaum noch Zeit, die Ziele für 2030 konsequent anzugehen."

Bund und Länder müssen sich langfristig zum Deutschlandticket bekennen

Die Landesverkehrsminister haben in dieser Woche beschlossen, den Preis für das Deutschlandticket ab 2025 um 9 Euro auf 58 Euro anzuheben. Damit gibt es jetzt zumindest Klarheit über die Finanzierung ab dem kommenden Jahr. Aus Sicht der Städte werden die zusätzlichen neun Euro pro Ticket vorerst ausreichen, um die Einnahmeausfälle der Verkehrsunternehmen durch das Deutschlandticket abzudecken. "Langfristige Sicherheit für unsere Verkehrsunternehmen sieht aber anders aus. Wir hangeln uns seit dem Start des Deutschlandtickets von Halbjahr zu Halbjahr und warten immer wieder aufs Neue auf Finanzzusagen von Bund und Ländern", kritisierte Lewe.

Stand jetzt hat sich der Bund ab 2026 komplett aus der Finanzierung des Tickets verabschiedet. Derzeit wird das Defizit der Verkehrsunternehmen durch das Deutschlandticket noch mit 3 Milliarden Euro von Bund und Ländern ausgeglichen, je 1,5 Milliarden vom Bund und 1,5 Milliarden von den Ländern. Schon 2024 liegt der Zuschussbedarf aber bei rund 4 Milliarden Euro. Das ist mit Restmitteln aus dem Jahr 2023 noch abgedeckt. 2025 deckelt der Bund seinen Anteil aber weiter auf 1,5 Milliarden, obwohl die tatsächlichen Einnahmeausfälle durch das Deutschlandticket voraussichtlich 4,2 Milliarden Euro betragen werden. Da die Länder ihren Anteil auch nicht erhöhen, müssen die Einnahmeausfälle der Verkehrsunternehmen nach der Absage des Bundes an eine hälftige Finanzierung der Mehrkosten deshalb für 2025 über einen höheren Ticketpreis gedeckt werden. Die Fortsetzung des Deutschlandtickets ab 2026 ist noch nicht gesichert.

"Das Deutschlandticket ist ein bundesweites Ticket, von der Bundesregierung gewollt und gestartet. Da kann sich der Bund nicht im Nachhinein einen schlanken Fuß bei der Finanzierung machen, er muss wieder einsteigen und das Ticket weiter mitfinanzieren", forderte der Städtetagspräsident.

"Das Deutschlandticket ist ein Erfolgsprojekt. Deshalb sollten sich Bund und Länder endlich auf ein langfristiges Finanzierungskonzept für die nächsten Jahre einigen."