Jobcenter und Arbeitsagenturen
18.01.2024

Vermittlung und Qualifizierung wird immer wichtiger

Markus Lewe, Präsident des Deutschen Städtetages, nach einer Sitzung von Präsidium und Hauptausschuss in Trier

Die Städte warnen davor, bei den Jobcentern und Arbeitsagenturen Milliarden für Qualifikation und Weiterbildung einzusparen. Der Deutsche Städtetag unterstützt außerdem eine schnellere Arbeitsaufnahme von allen Geflüchteten mit Bleibeperspektive und fordert eine Qualifizierungs- und Weiterbildungsoffensive für Menschen ohne Schul- oder Berufsabschluss, um mehr Fachkräfte zu gewinnen.

  • Porträtbild von Markus Lewe, Präsident des Deutschen Städtetages

Nach Sitzungen von Präsidium und Hauptausschuss in Trier, bei denen Andrea Nahles, Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit zu Gast war, sagte der Präsident des Deutschen Städtetages, Oberbürgermeister Markus Lewe aus Münster: "Die Arbeit der Jobcenter und Arbeitsagenturen wird immer wichtiger, um Menschen in Arbeit zu vermitteln, weiterzubilden und die Lücken in den Firmen passend mit Fachkräften und Auszubildenden zu besetzen. Die Städte halten es zudem für richtig, auch die zugewanderten Menschen schneller in Arbeit zu bringen als es bisher gelingt.

Wenn die Jobcenter und Arbeitsagenturen aber immer mehr und immer differenzierte Beratung und Vermittlungsleistungen anbieten sollen, dann brauchen sie auch die dafür notwendigen Ressourcen. Das betrifft sowohl das Personal als auch die finanzielle Ausstattung. Hier den Rotstift anzusetzen, ist das völlig falsche Signal.

Die Städte lehnen die Sparauflagen in Milliardenhöhe bei den Agenturen und Jobcentern ab. So ginge dem Jobturbo der Bundesregierung, den die Städte unterstützen, schon gleich am Anfang die Puste aus."

Vorrangige Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel

Wenn die Babyboomer in Rente gehen, gehen dem deutschen Arbeitsmarkt jedes Jahr hunderttausende Arbeitskräfte verloren. In den Rathäusern und öffentlichen Verwaltungen sind jetzt schon viele Stellen frei, können nur schwer besetzt werden - und das bei wachsenden Aufgaben für die Kommunen. Deshalb müssen alle gesellschaftlichen Akteure daran arbeiten, die Potenziale für neue Arbeitskräfte zu mobilisieren. Notwendig dafür wäre aus Sicht des Deutschen Städtetages:

  • die Arbeitsaufnahme von Migrantinnen und Migranten zu beschleunigen, indem Hürden wie Beschäftigungsverbote und Anerkennungsverfahren von Qualifikationen grundlegend überprüft werden,
  • eine gezielte Qualifizierungs- und Weiterbildungsoffensive, die bessere Perspektiven gerade für Menschen ohne Schul- oder Berufsabschluss schafft.

"Das Augenmerk sollte allen Geflüchteten mit Bleibeperspektive gelten und nicht nur den Menschen aus der Ukraine und bereits anerkannten Asylbewerbern, die Bürgergeld beziehen. Geflüchtete, die den Städten zugewiesen wurden und absehbar länger in Deutschland bleiben, sollten möglichst schnell in Arbeit kommen." Lewe forderte:

"Jahrelange Perspektivlosigkeit können wir uns nicht länger leisten. Deshalb muss auch die Anerkennung von Berufsabschlüssen und beruflicher Qualifikationen aus den Heimatländern schneller und unbürokratischer werden."

Trotz vieler offener Stellen und Fachkräftemangel sinkt die Zahl arbeitsloser Menschen kaum. Ein sehr großer Anteil dieser Menschen hat keinen Berufsabschluss. Jedes Jahr verlassen zudem fast 50.000 Jugendliche die Schulen ohne Schulabschluss. Vielfach sind es Jugendliche mit einem schwierigen Lebensumfeld, die trotz vieler offener Stellen keinen Ausbildungsplatz finden. Schulden, Sucht oder psychische Probleme können Ursachen sein. "Um diese Menschen individuell zu fördern, gibt es in den Städten gemeinsam mit den Jobcentern ein breites Hilfenetz. Wir klingeln an den Türen und kümmern uns darum, dass sie Schul- und Berufsabschlüsse nachholen, sich orientieren oder ausbildungsfähig werden." Lewe weiter:

"Für diese Menschen brauchen wir eine gezielte Qualifizierungs- und Weiterbildungsoffensive, die Lebensperspektiven schafft. Das wäre auch ein Beitrag gegen den Arbeitskräftemangel."

Sparzwänge schränken Leistungen der Agenturen und Jobcenter ein

Die Städte wissen um den Spardruck der Bundesregierung nach dem Haushaltsurteil. Dies trifft auch die aktive Arbeitsmarktpolitik. Die Arbeitsagenturen werden in den nächsten vier Jahren über fünf Milliarden Euro einsparen müssen, die Jobcenter werden in ähnlicher Größenordnung weniger Mittel zur Verfügung haben. "Die Sparmaßnahmen schränken deutlich die Möglichkeiten ein, Menschen zu qualifizieren, weiterzubilden und die Integrationen zu finanzieren. Das kann nicht das letzte Wort sein." Der Städtetagspräsident machte deutlich:

"Die Jobcenter und Agenturen leisten bei der anstehenden Transformation in der Wirtschaft, bei der Integration und Zuwanderung einen unverzichtbaren Job. Der Bundesregierung muss klar sein: Wer an Weiterbildung und Qualifizierung spart, erschwert die Suche nach Arbeits- und Fachkräften erheblich."