EU-Gebäuderichtlinie
22.04.2024

"Wir müssen das Tempo mehr als verdreifachen"

Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, gegenüber der Welt am Sonntag

Zur Einigung bei der EU-Gebäuderichtlinie und den Anforderungen an die Umsetzung in nationales Recht sagte Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, gegenüber der Welt am Sonntag:

  • Porträtbild von Helmut Dedy

"Die neue Gebäuderichtlinie ist ein wichtiger Baustein, damit wir die europäischen Klima- und Energieziele erreichen können. Dafür ist es entscheidend, wie Gebäude und ganze Stadtquartiere mit Energie versorgt werden und wie energieeffizient sie sind.

Die Städte brauchen dann allerdings auch die passenden Rahmenbedingungen, um den Gebäudebestand energetisch zu verbessern.

Es ist gut, dass die Mitgliedsstaaten ihren Sanierungsfahrplan eigenständig festlegen können. Richtig ist auch, dass jetzt zumindest der Quartiersansatz überhaupt berücksichtigt wird. Denn erneuerbare Energiequellen werden oft für ganze Stadtviertel geplant und nicht für jedes einzelne Gebäude. Allerdings:

Die energetische Sanierung von 16 Prozent der Nichtwohngebäude innerhalb der nächsten fünf Jahre ist überaus ehrgeizig. Praktisch heißt das, wir müssen das Tempo mehr als verdreifachen vom jetzigen Niveau. Mit gutem Willen allein ist das nicht zu schaffen.

Wenn die EU-Richtlinie in nationales Recht umgesetzt wird, muss allerdings der Quartiersansatz bei uns deutlich verstärkt werden. Das heißt, der Gebäudezustand, die vorhandene Technik und die Wärmeversorgung müssen für alle Gebäude im Quartier zusammen betrachtet werden. Nur dann können wir die Synergien heben.

Deswegen ist es auch richtig, keine Sanierungsflicht für jedes einzelne private Gebäude vorzusehen. Auch für unsere öffentlichen Gebäude sollte keine Sanierungspflicht gelten. Anders werden wir die vielen Schulen, Bibliotheken, Museen energetisch nicht fit bekommen.

Diesen Blick aufs ganze Stadtviertel hat auch die kommunale Wärmeplanung, die alle Städte gerade erarbeiten.

Die Pflicht zum Aufbau von Solaranlagen im Neubau ist bereits heute in vielen Städten Standard. Im Gebäudebestand lohnt es sich für die Eigentümer bisher oft nicht, Solar aufs Dach zu setzen.

Deshalb ist es gut, dass die Ampel jetzt endlich mit dem Solarpaket finanzielle Anreize verbessert und entbürokratisiert, zum Beispiel beim Mieterstrom. Das wird etliche Eigentümer und Wohnungsbaugesellschaften motivieren, ihre Dächer nachzurüsten.

Aber es gibt auch Häuser, da klappt das nicht. Beispielsweise sprechen Dachkonstruktionen oder andere technische Gegebenheiten gegen das Nachrüsten von Solar auf Bestandsgebäuden.

Auch die neuen Standards im Neubau werden uns fordern. Viele Städte bauen heute bereits besser als der aktuelle Standard ist. Hohe energetische Standards sind zwar teurer im Bau, verringern aber die Energiekosten auf der langen Strecke deutlich." Dedy weiter:

"Klar ist aber auch, dass der Bund viel mehr Geld in die Hand nehmen muss, um energetisches Bauen zu fördern."