Gesetzgebung
26.06.2024

"Bürokratie kann am besten verhindert werden, bevor sie entsteht"

Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, gegenüber dem Behörden Spiegel
  • Porträtbild von Helmut Dedy

"Das Thema Bürokratieabbau ist ein Dauerbrenner. Fast jede Regierung in Bund und Land schreibt sich das Thema auf die Fahnen.

Aber nur einzelne Detailregelungen zu entbürokratisieren, reicht nicht aus. Der ganz Prozess der Gesetzgebung muss auf den Prüfstand. Denn überall spüren wir bereits den Mangel an Fachkräften.

Gleichzeitig müssen sich die Städte mit einer Vielzahl von komplexen Aufgaben bei der Energiewende, Wärmewende, im Klimaschutz, oder mit vielen neuen Regelungen beim Aufenthaltsrecht von Geflüchteten beschäftigen.

Zuviel Bürokratie kann am besten verhindert werden, bevor sie entsteht. Dafür brauchen wir gute praxistaugliche Gesetze. Bund und Länder müssen dafür bei neuen Gesetzesvorhaben die Städte sehr frühzeitig mit einbinden.

Wir sind die, die neue Regelungen vor Ort umsetzen müssen. Deswegen können wir mit unserer Expertise auch den Gesetzgebern in Bund und Ländern sagen, was sich in der Praxis machen lässt und was nicht. Und natürlich gehören die vorhandenen Gesetze auf den Prüfstand. Was kann vereinfacht und entschlackt werden?

Gesetze, die nicht gut umsetzbar sind oder unklare Regelungen enthalten, führen zu Verdruss bei den Verwaltungen und letztlich auch bei den Bürgerinnen und Bürgern. Ein aktuelles Beispiel ist die Cannabisfreigabe. Bund und Länder haben zusätzlichen Aufgaben bei den Kommunen abgeladen, ohne vorher Gespräche mit uns zu führen. Und die Regeln des Cannabisgesetzes sind so komplex, dass sie vor Ort mit dem vorhandenen Personal nicht flächendeckend kontrolliert werden können.

Außerdem sollten digitale Verwaltungsabläufe bei jedem neuen Gesetz gleich mitgedacht werden. Gute digitale Verwaltungsangebote sind eine Win-win-Situation in den Städten. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden entlastet und können sich stärker um die Belange der Bürgerinnen und Bürger kümmern.

Das stärkt die kommunale Selbstverwaltung. Die Bürgerinnen und Bürger wiederum profitieren von schnelleren und einfacheren Antragsverfahren.

Und nicht zuletzt: Die Folgen von Gesetzen müssen auskömmlich finanziert sein. Das Konnexitätsprinzip: Wer bestellt, bezahlt! muss bei allen Aufgaben gelten, die Bund und Länder den Städten ins Auftragsbuch schreiben. Der Rechtsanspruch für die Betreuung von Grundschulkindern ist ein aktuelles Beispiel, wo das längst nicht überall klappt."