"Wir warnen davor, die arbeitslosen Jugendlichen von den Jobcentern in die Arbeitsagenturen zu verschieben"
Der Deutsche Städtetag fordert den Bund auf, arbeitslose Jugendliche nicht herumzuschieben und ihnen den Berufseinstieg noch schwerer zu machen. Die geplante Rechtsänderung für Menschen unter 25 Jahren muss fallen gelassen werden, forderte Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages in der Rheinischen Post (RP).
"Wir haben die große Sorge, dass durch die Pläne der Bundesregierung vielen jungen Menschen der Weg zur Teilhabe an Arbeit, Gesellschaft und sozialer Sicherheit erschwert wird."
Dedy sagte weiter:
"Vielfach sind es Jugendliche mit einem schwierigen Lebensumfeld, die trotz vieler offener Stellen keinen Ausbildungsplatz finden. Schulden, Sucht oder psychische Probleme sind einige der Stichworte. Diese jungen Menschen brauchen eine umfassende und gezielte Ansprache und wir müssen sie individuell fördern. Dafür gibt es in den Städten gemeinsam mit den Jobcentern ein breites Hilfenetz. Wir klingeln an den Türen, betreuen oftmals die Familien und kümmern uns darum, dass die Jugendlichen Schulabschlüsse nachholen, sich orientieren und überhaupt ausbildungsfähig werden. Insgesamt werden in Deutschland etwa 126.000 Arbeitslose zwischen 15 und 25 Jahren durch die Jobcenter betreut.
In lokalen Netzwerken arbeiten Jugendhilfe, Schulen, Suchtberatung und Familienhilfe zusammen. Hier werden die Weichen für ein ganzes Leben gestellt. Hier entscheidet sich, ob eine berufliche Karriere starten kann oder schon der Berufseinstieg scheitert.
Wir warnen davor, die arbeitslosen Jugendlichen zur Entlastung des Bundeshaushalts von den Jobcentern in die Arbeitsagenturen zu verschieben und die Netzwerke und Hilfen damit massiv zu gefährden.
Die Verantwortung für die jungen Menschen auf die Arbeitsagenturen zu verlagern und durch die Arbeitslosenversicherung bezahlen zu lassen, lehnen wir gemeinsam mit allen Landesregierungen entschieden ab. Die beabsichtigte Entlastung des Bundeshaushalts von rund 900 Millionen Euro darf nicht auf Kosten der Jugendlichen gehen. Die Jugendlichen brauchen aufsuchende Hilfe aus einer Hand, die es bei den Arbeitsagenturen und im Sozialgesetzbuch III bisher nicht gibt.
Die Pläne konterkarieren auch die gerade mit dem Bürgergeld neu geschaffenen Möglichkeiten, unter 25-Jährige besonders zu qualifizieren. Zudem wäre es ein Ende des Grundsatzes 'Leistungen aus einer Hand', weil die Jugendlichen zwischen zwei Behörden pendeln müssten. Die Städte appellieren eindringlich, die erfolgreiche Arbeit bei der ganzheitlichen Betreuung von arbeitslosen Jugendlichen und ihren Familien nicht über Bord zu werfen. Das hohe Niveau der Betreuung und Beratung der jungen Menschen wäre sonst nicht zu halten."
Zum RP-Artikel mit den Äußerungen von Helmut Dedy
Hintergrund:
Die Bundesregierung hat am 5. Juli 2023 beschlossen, die gesetzlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, ab dem Jahr 2025 aktive Leistungen für bürgergeldbeziehende junge Menschen unter 25 Jahren nicht mehr durch die Jobcenter – aus steuerfinanzierten Mitteln – zu erbringen, sondern durch die Agenturen für Arbeit aus Beitragsmitteln der Arbeitslosenversicherung. Damit sollen im Bundeshaushalt 900 Millionen Euro eingespart werden.