"Wie sieht die Stadt in 100 Jahren aus?"
30.04.2021

Pulsierendes Herz

Debattenbeitrag von Burkhard Jung, Präsident des Deutschen Städtetages, im Magazin "+3"

"Für diesen Blick nach vorn, lohnt ein Blick zurück: Wie sahen die Städte vor 100 Jahren aus, also 1921? Vieles war neu: die ersten Kinos entstanden, Leuchtreklame in den Straßen, Kaufhäuser lockten mit großen Schaufenstern, die 'Elektrische' fuhr auf Schienen durch ein Zentrum, das bis heute Bauten aus vergangenen Jahrhunderten schmückt. Ein Wandel war spürbar, bis das Jahrzehnt in der Weltwirtschaftskrise mündete.

Wir erleben jetzt, wie die Corona-Pandemie den Wandel der Städte rapide beschleunigt. Ladengeschäfte stehen leer. Handel lässt sich nicht mehr durch Handel ersetzen. Wir müssen neue Nutzungen erproben – für eine lebendige Mischung von Wohnen, Gewerbe, Restaurants und Tourismus in den Innenstädten.

Viele Angebote werden digital. Smart City lässt grüßen. Klimaanpassung und Resilienz werden wichtiger, Städte müssen sich gegen Starkregen und Hitzewellen wappnen. Die Bedürfnisse der Menschen und ihr Verhalten ändern sich, immer wieder. Darauf stellen sich die Städte seit jeher ein. Was aber bleibt: Wer in die Innenstadt kommt, möchte anderen begegnen und etwas Besonderes erleben.

Hier muss das Herz der Stadt pulsieren. Marktplätze bleiben Orte für Kommunikation. Ich sehe auch in 100 Jahren Märkte, öffentliche Veranstaltungen, Kultur und Sport. Ich hoffe auf eine viel stärkere Mischung von Wohnen, Arbeit und Leben im Herzen unserer Städte – verkehrsberuhigte Lebensräume und Erlebniswelt, als europäische Stadt unverwechselbar."

Burkhard Jung,
Präsident des Deutschen Städtetages
Oberbürgermeister aus Leipzig