Hauptversammlung in Erfurt
17.11.2021

Lebensqualität erhalten – Gemeinwohl leben

Städtetagspräsident Burkhard Jung ruft in seiner Rede dazu auf, der Kommunalpolitik den Rücken zu stärken

Der Deutsche Städtetag betont die Rolle der Städte für das Gemeinwohl und den Zusam­menhalt der Gesellschaft Er erwartet von der neuen Bundesregierung für drängende Themen, wie Klima, Wohnen und Verkehr, die städtische Perspektive stärker zu berücksichtigen.

  • Porträt von Burkhard Jung, von 2019 bis 2021 Präsident des Deutschen Städtetages, ab 2021 Vizepräsident

In der Corona-Pandemie sei das friedliche, soziale Miteinander auf die Probe gestellt worden, sagte der Präsident des Deutschen Städtetages, Oberbürgermeister Burkhard Jung aus Leipzig, in seiner Rede während der Hauptversammlung des Deutschen Städtetages heute in Erfurt. Immer wieder entstünde der Eindruck, Gemeinwohl und Einzelwohl widersprächen einander. "Das halte ich für ein fatales Signal. Das Gemein­wohl und das Wohl des Einzelnen dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden.

Das Wohl der Gemeinschaft ist nicht der Gegenspieler des Einzelwohls, sondern seine Basis. Ohne ein "Wir" kann es in unserer Gesellschaft kein "Ich" geben", so Jung.

Stabile Stadtgesellschaften seien unabdingbar für ein stabiles Land, betonte Jung. "Wir wollen vor Ort gestalten: Klima, Wohnen, Verkehr, Energie, Digitalisierung und vieles mehr – in den Städten werden die Herausforderungen unserer Zeit angepackt. Dafür brauchen wir Handlungsspielräume und ein gutes Miteinander mit Bund und Ländern. Die Perspektive der Städte muss angemessen im Koalitionsvertrag berücksichtigt werden."

Jung äußerte Verständnis dafür, dass Menschen im Zuge der Pandemie erschöpft seien, wenn der Alltag und ganze Existenzen wegbrächen. Nicht hinzunehmen sei aber, wenn bewusst falsche Tatsachen und Lügen verbreitet würden, Demonstrationen genutzt würden, um zu spalten und Tausende ohne Maske andere und das Wohl der Gemein­schaft gefährdeten. Jung machte deutlich:

"Wer hetzt, wer Hass säht, wer verleumdet, wer die Demokratie gefährdet, wer Menschen anderer Kulturen und Religionen beleidigt, anfeindet und bedroht ─ da hört die Meinungsfreiheit ganz einfach auf."

Immer häufiger richteten sich antidemokratische, antisemitische, ausländerfeindliche, menschenverachtende Anfeindungen auch gegen kommunalpolitisch Engagierte und Ehrenamtliche in den Städten, sagte Jung: "Wer Menschen angreift, die sich für unser Gemeinwesen einsetzen, greift immer auch unsere freiheitliche und demokratische Gesellschaft an. Das dürfen wir nicht zulassen!

Unser Gemeinwohl ist in Gefahr, wenn sich die Bürgerinnen und Bürger nicht mehr engagieren wollen im Rat, bei der Freiwil­ligen Feuerwehr, im Eltern-Café für Migranten oder im Verein."

Jung dankte den anwesenden Delegierten für ihr unermüdlich kraftvolles Wirken für Demokratie und Zusammenhalt. Mehr denn je komme es darauf an, Anstand vorzuleben, Haltung zu beziehen, Solidarität zu leben und der Kommunalpolitik und dem ehrenamtlichen Enga­gement den Rücken zu stärken, betonte Jung.

Das Treffen von rund 800 Delegierten und Gästen steht unter dem Motto "Was das Leben ausmacht. Die Städte in Deutschland". Bei der Hauptversammlung sprachen am Vormittag ebenfalls die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, und der gastgebende Oberbürgermeister der Stadt Erfurt, Andreas Bausewein. Am Nachmittag wird der Ministerpräsident des Freistaates Thüringen, Bodo Ramelow, erwartet.