Start der Corona-Impfungen
19.12.2020

"Wann wer geimpft wird, muss klar werden"

Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, im Gespräch mit der Passauer Neuen Presse (PNP)

PNP: Am 27. Dezember sollen die Corona-Impfungen in Deutschland beginnen. Ist Deutschland gut vorbereitet? Sind die Impfzentren in den Städten startklar?

Helmut Dedy: Ja, mit den Impfzentren sind wir inzwischen gut aufgestellt. Dafür haben die Städte in den vergangenen Wochen aber auch ordentlich geklotzt. Mit Hochdruck sind Impfzentren aufgebaut worden. Das war unter den schwierigen Bedingungen der aktuellen Corona-Infektionslage wirklich kein einfacher Job. Doch zum Stichtag 15. Dezember stehen Räume, Ausstattung und Verwaltungskapazitäten nun bereit. Sobald der konkrete Impfstart feststeht brauchen wir vier, fünf Tage, um die Impfzentren aus ihrem Standby-Modus hochzufahren. Dann kann es losgehen.

PNP: Reicht das Personal für diese Herausforderung und die schnelle Impfung aus? 

Helmut Dedy: Klar ist: Wenn der Impfstoff da ist, dürfen die Impfungen nicht an fehlendem Personal scheitern. Das medizinische Personal der Gesundheitsämter ist durch die Pandemie auf absehbare Zeit voll ausgelastet und kann nicht zusätzlich auch noch die Impfungen übernehmen. Wir sehen hier vor allem Länder und Kassenärzte gefordert.

PNP: Der Impfstoff ist ein kostbares und begehrtes Gut. Müssen das Serum und die Impfzentren besonders geschützt werden?

Helmut Dedy:  Die Impfstoffe bedürfen des richtigen Handlings, auch weil für ihre Lagerung eine extrem niedrige Temperatur notwendig ist. Das verlangt nach einer besonderen Logistik in den Impfzentren und bei den mobilen Impfteams. Außerdem müssen die Impfstoffe vor der Impfung aufbereitet und schnell verabreicht werden. Das ist alles nicht ganz einfach und sicher eine besondere Herausforderung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Ort.

PNP: Besonders dramatisch ist die Infektionslage in Alten- und Pflegeheimen. Wird hier mit Hochdruck vor Ort geimpft werden können?

Helmut Dedy: Wir gehen im Moment davon aus, dass zu Beginn vor allem mobile Impfteams in Alten- und Pflegeeinrichtungen fahren, um dort besonders gefährdete Menschen zu impfen. Wann in den Impfzentren geimpft werden kann, hängt indes stark von der Zahl der Impfdosen ab, die je Bundesland zum Start verfügbar sein werden. 

PNP: Wie beurteilen Sie die Kriterien der Impfverordnung des Bundesgesundheitsministers? Drohen jetzt Verteilungskämpfe? Sollten Beamte und Mitarbeiter der Kommunen eine besonders hohe Priorität haben? Schließlich sind sie systemrelevant.

Helmut Dedy: Bund, Länder und Kommunen wollen gemeinsam, dass die Impfungen ein Erfolg werden. Bevor die Impfungen starten können, müssen Bund und Länder deshalb detailliert klären, welche Personengruppen zuerst geimpft werden und welche weiteren dann in welcher Reihenfolge. Und ganz wichtig: Es muss nachvollziehbar und klar nach außen kommuniziert werden. Diese Vorgaben gelten dann auch für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Städten. Kommunale Beschäftigte bevorzugt zu behandeln, das halte ich für schwierig. Bei den Gesundheits- und Ordnungsämtern ist das vielleicht etwas anderes. Aber Pflegekräfte, auch in den Corona-Stationen der Krankenhäuser sind natürlich stärker gefährdet und müssen früher geimpft werden.

PNP: Die Impfbereitschaft ist bisher noch nicht besonders groß. Wo bleibt die Informations- und Werbekampagne?

Helmut Dedy:  Zur Impfbereitschaft gibt es im Moment sehr unterschiedliche Umfrageergebnisse. In jedem Fall ist es wichtig, dass wir möglichst viele Menschen mit der Impfung erreichen, um der Pandemie einen wirksamen Schutz entgegenzusetzen. Dafür brauchen wir gute Argumente, eine klare Sprache und auch eine gezielte Ansprache von Menschen aus anderen Kulturkreisen. Eine solche Informations- und Werbekampagne werden wir mit ganzer Kraft unterstützen. Aber es gibt eine zweite Herausforderung: Wir müssen in der weiteren Kommunikation sehr darauf achten, dass die Menschen erfahren, wann wer geimpft werden kann. Behörden, Ärzte und die zentralen Rufnummern dürfen auf keinen Fall überlastet werden. Es muss verhindert werden, dass dort eine Vielzahl unnötiger Nachfragen aufläuft. Und weil zu Beginn nur eine begrenzte Zahl an Impfdosen zur Verfügung stehen wird, dürfen wir auch nicht zu hohe Erwartungen wecken, um Enttäuschungen zu vermeiden. Es werden nicht alle auf einmal geimpft werden können.

Mit freundlicher Genehmigung der Passauer Neuen Presse www.pnp.de