"Wir wollen, dass unsere Städte lebenswerte Orte bleiben"
MobiLogisch: Herr Lewe, Sie stehen seit nunmehr drei Jahren an der Spitze des Deutschen Städtetags und waren zuvor schon in den Jahren 2018 und 2019 Präsident. Was macht diese Position für Sie aus?
Markus Lewe: Das ist zum einen der Austausch mit unglaublich vielen engagierten Menschen, die vor Ort ihre Stadt besser machen und weiterentwickeln wollen. Wir fördern diesen Austausch zwischen den Städten. Jede Stadt hat bei allen Unterschieden ähnliche Herausforderungen, da können wir viel voneinander lernen. Für diese Herausforderungen entwickeln wir gemeinsame Lösungen und formulieren gemeinsame Anliegen.
Als Präsident setze ich mich dafür ein, dass diese Anliegen der Städte von Bund und Ländern gehört werden, sei es in der Wohnungsbaupolitik, in der Sozialpolitik oder eben beim Thema Mobilität.
Und das alles ist kein Selbstzweck. Wir wollen, dass unsere Städte lebenswerte Orte für unsere Bürgerinnen und Bürgern bleiben.
MobiLogisch: Warum unterstützen Sie den Fußverkehrspreis als Schirmherr? Und wie kann sich der Deutsche Städtetag für den Fußverkehr einsetzen?
Markus Lewe: Die Städte haben sich längst auf den Weg gemacht und sind mitten in der Mobilitätswende. Wir werden in den kommenden Jahren und Jahrzehnten unsere Verkehrssysteme umstellen und weiter umbauen. Weg vom Fokus der „autogerechten Stadt“, hin zu einem nachhaltigen und klimaschonenden Verkehrsmix, der die Mobilitätsbedürfnisse unserer Bürgerinnen und Bürger erfüllt. Da spielt der Fußverkehr eine ganz wichtige Rolle.
Der Deutsche Städtetag ist immer auch eine Austauschplattform für Beispiele guter Praxis. Deswegen haben Auszeichnungen wie der Fußverkehrspreis Deutschland genau den richtigen Ansatz: Nachahmenswerte Projekte auszeichnen und bekannt machen, damit auch andere von diesen Ideen profitieren können.
Der Deutsche Städtetag setzt sich außerdem dafür ein, dass der Fußverkehr stärker in den Fokus der Verkehrspolitik in Bund und Ländern rückt. Wir haben vom Bund lange mehr Engagement in diesem Bereich gefordert und begleiten intensiv den Prozess hin zu einer Nationalen Fußverkehrsstrategie.
MobiLogisch: In Städten haben Zufußgehende im Alltag mit vielen Hürden zu kämpfen – zu schmale Gehwege, zugeparkte Kreuzungen, kurze Grünphasen an den Ampeln. Was können die Städte ändern?
Markus Lewe: Ich erwähnte bereits das Bild der "autogerechten Stadt", das den Städtebau nach dem Zweiten Weltkrieg stark geprägt hat. Das zeigt sich an manchen Stellen dann eben auch im Stadtbild mit manchmal sehr schmalen Gehwegen. Vom Bild der „autogerechten Stadt“ wollen die Städte weg. Aber nicht alles, was baulich über Jahrzehnte entstanden ist, lässt sich von heute auf morgen ändern. Trotzdem: Wir sind dran. Was zugeparkte Kreuzungen und Gehwege angeht: Hier können wir als Städte natürlich mit unseren Ordnungsämtern aktiv werden und mit der Verkehrsplanung und der Straßenverkehrsbehörde gute tragfähige Konzepte entwickeln – und tuen das auch. Eins ist mir in diesem Zusammenhang aber auch wichtig:
Im öffentlichen Raum und im Straßenverkehr aufeinander Rücksicht zu nehmen ist etwas, das jede und jeder einzelne von uns in der Hand hat. Das ist nichts, was eine Stadt "anordnen" kann, sondern etwas, das wieder viel stärker unser gesellschaftliches Miteinander bestimmen muss.
Der Deutsche Städtetag unterstützt verschiedene Kampagnen, die für mehr Achtsamkeit und gegenseitigen Respekt im Straßenverkehr werben – am Ende des Tages müssen das aber alle Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer in ihrem Alltag auch tatsächlich leben.
MobiLogisch: Was macht Ihrer Meinung nach gute Fußverkehrsinfrastruktur aus? Und was wünscht sich der Deutsche Städtetag von der Bundesregierung, damit die Kommunen den Fußverkehr noch attraktiver und sicherer machen können?
Markus Lewe: Eine gute Fußverkehrsinfrastruktur sorgt für sichere und barrierefreie Fußwege. Das ist das Wichtigste. Darüber hinaus sollten Fußwege aber auch eine hohe Aufenthaltsqualität haben: Sie sollten nicht nur der Verkehrsweg von Punkt A nach Punkt B sein, sondern im Idealfall auch zum Verweilen einladen und Begegnungen ermöglichen.
Eine gute Infrastruktur für den Fußverkehr ist so gestaltet, dass Menschen aller Altersgruppen sich sicher und gerne zu Fuß bewegen können. Dazu können breite, gut beleuchtete Gehwege gehören, sichere Straßenübergänge, aber auch ruhige, begrünte Bereiche für einen kurzen Aufenthalt.
Von der Bundesregierung wünschen wir uns die klare Zusage, den Fußverkehr viel stärker in den Fokus der Verkehrspolitik zu rücken. Und das nicht nur auf dem Papier, sondern vor allem mit einer stärkeren finanziellen Förderung und verbindlichen gesetzlichen Rahmenbedingungen, die den Fußverkehr als gleichberechtigt gegenüber anderen Verkehrsarten anerkennen. Auch die Umsetzung der Vision Zero ist zentral, also ein Verkehrssystem, in dem es keine tödlichen Verkehrsunfälle mehr gibt. Hier sollte der Bund noch deutlich mehr tun.
Das vollständige Interview mit Städtetagspräsident Markus Lewe lesen Sie auf www.fuss-ev.de
2. Fußverkehrspreis Deutschland
Städtetagspräsident Markus Lewe ist Schirmherr des Fußverkehrspreises Deutschland 2025. Die Auszeichung wird zum zweiten Mal vergeben. Die Preisverleihung findet am Samstag, 29. März 2025 im Rahmen des Bundesweiten Umwelt- und Verkehrskongresses in Karlsruhe statt.