"Zwischen Krisenbewältigung und Zukunftsgestaltung"
Aus dem Interview der Online-Plattform #stadtvonmorgen
Wo stehen die Städte zu Beginn des Jahres 2023? Helmut Dedy über Krisen und große Transformationsaufgaben von Energie- bis Verkehrswende.
Coronakrise, Ukrainekonflikt, Energiekrise: Das Jahr 2022 war geprägt von Krisen. Wie gehen die Städte in die Zukunft, und welche Themen stehen für sie unmittelbar auf der Agenda? Im Gespräch mit #stadtvonmorgen blickt der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags Helmut Dedy auf das vergangene Jahr und sagt, vor welchen unmittelbaren Herausforderungen die Städte stehen. "2022 war viel Pflicht und wenig Kür", sagt er. Getrieben von aktuellen Herausforderungen sei die stadtstrategische Zukunftsarbeit zu kurz gekommen. 2023 müssten sich die Städte wieder verstärkt den großen Transformationsaufgaben widmen.
#stadtvonmorgen: Herr Dedy, wenn Sie auf das vergangene Jahr zurückschauen: Welches waren die zentralen Themen für die Städte 2022?
Helmut Dedy: 2022 war viel Pflicht und wenig Kür. Corona war immer noch da, dann griff Russland die Ukraine an. Viele Geflüchtete müssen untergebracht werden, und wir erleben eine Energiekrise. Oft überlagerten die aktuellen Herausforderungen langfristige strategische Pläne der Städte: Denken Sie an "Städte für Menschen", "Grüne und Blaue Stadt" oder an die Energie- und die Verkehrswende. Solche Gestaltungsthemen sind 2022 zu kurz gekommen.
#stadtvonmorgen: In dieser Melange aus Krisen und Zukunftsaufgaben: Wie blicken die Städte in die Zukunft? Was haben sie unmittelbar vor der Brust?
Helmut Dedy: Na ja, was heißt denn "unmittelbar"? Aktuell geht es um fehlende Fach- und Arbeitskräfte, bezahlbaren Wohnraum oder die Einführung des Deutschlandtickets und darum, wie sich das neue Ticket auf die Mobilität auswirkt. Auf der Agenda stehen auch Weichenstellungen in der Bildung. Hier wird vor allem die Frage nach der Ganztagsbetreuung eine Mammutaufgabe für uns. Ein weiteres großes Thema ist die im Koalitionsvertrag der Ampel verabredete Transformation, also der gesellschaftliche und wirtschaftliche Umbau. Davon ist vieles ohne Städte undenkbar. Der Ausbau erneuerbarer Energien oder dezentrale Versorgung gehen nicht ohne uns. Außerdem ist Corona immer noch da, die Geflüchteten brauchen unsere Unterstützung. 2023 bewegen wir uns zwischen Krisenbewältigung und Zukunftsgestaltung.
#stadtvonmorgen: Wenn Sie Wünsche an Bundeskanzler Olaf Scholz freihätten, welche wären das zuvorderst?
Helmut Dedy: Im Bereich der Bildung macht uns vor allem der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder ab 2026 Bauchschmerzen. Die nötige Verwaltungsvereinbarung von Bund und Ländern ist noch immer nicht unter Dach und Fach. Wir verlieren hier Monat um Monat. Dann haben wir vor Ort Schwierigkeiten, Räume und Personal bereitzustellen. Ich will noch nicht sagen, dass es nicht gelingen kann, den Rechtsanspruch zu erfüllen. Aber wir wissen derzeit nicht, ob wir es schaffen. Deshalb muss auch der Bund seine Erwartungshaltung überprüfen. Und wir brauchen konzertierte Aktionen in den Bundesländern, klare Verabredungen zwischen Ländern und den Städten und Gemeinden, um zu gemeinsamen Lösungen zu finden. Eine Arbeitsteilung, bei der Bund und Länder sagen, wir schaffen das, und uns mit der Frage "Wie sollen wir das schaffen?" alleinlassen, schadet uns allen.
Lesen Sie hier das vollständige Interview von #stadtvonmorgen mit Helmut Dedy.
Mit freundlicher Genehmigung der Plattform #stadtvonmorgen (www.stadtvonmorgen.de)