Städte für Omikron-Welle gewappnet – Sorge um Kommunalfinanzen
PNP: Herr Lewe, reichen die Bund-Länder-Maßnahmen aus, um die Omikron-Welle abzuflachen?
Markus Lewe: Natürlich sorgen wir uns, dass rasant ansteigende Infektionen es schwer machen könnten, das alltägliche Leben zu sichern. Es spielen eine Menge Unbekannte mit rein. Dennoch halten wir die Hygiene- und Schutzmaßnahmen, wie das Tragen von FFP2-Masken und die erweiterte 2G-plus-Regelung für geeignet. Und jede und jeder bleibt weiter gefordert, seine Kontakte auf das Nötigste eigenverantwortlich zu beschränken. Dann kommen wir auch gemeinsam durch diese Welle.
PNP: Sind die Städte vorbereitet auf Personalengpässe in zentralen Bereichen? Brauchen Sie mehr Hilfe etwa von der Bundeswehr?
Markus Lewe: Wir sind vorbereitet und aufmerksam: In den Städten und kommunalen Unternehmen sind Pandemiepläne aktualisiert, Ersatzteams stehen bereit und Notfallpläne treten schrittweise in Kraft, wenn es nötig wird. Strom, Gas, Wasser und die Müllabfuhr – das läuft. Auch Busse und Bahnen werden weiter fahren. Und wo es eng wird, klappt die Zusammenarbeit mit der Bundeswehr gut. Beispielsweise bei der Kontaktnachverfolgung in den Gesundheitsämtern packen viele Kolleginnen und Kollegen mit an. Dafür sage ich herzlichen Dank. Und helfen werden auch die verkürzten Quarantänezeiten. Das erleichtert es den Städten, trotz Omikron den Betrieb von Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen, bei der Feuerwehr und den Gesundheitsämtern zu sichern. Also kein Grund unruhig zu werden.
"Die laute Minderheit darf die Mehrheit nicht übertönen, die die Corona-Maßnahmen unterstützt und trägt."
PNP: Welches sind die neuralgischen Felder im kommunalen Bereich, auf denen es eng werden könnte?
Markus Lewe: Schulen und Kitas offen zu halten – das wollen wir, aber es bleibt eine Herausforderung. Wir erwarten gerade hier einen starken Anstieg von Infektionen. Das könnte einen Normalbetrieb ins Wanken bringen. Für diesen Fall brauchen wir Konzepte von Bund und Ländern. Nötig wäre ein Sofortprogramm für Aushilfskräfte, um ihre Stunden zu erhöhen. Wenn viele Kollegen krank werden oder in Quarantäne müssen, würde das helfen.
PNP: Fürchten Sie aufgrund von weiteren Auflagenverschärfungen eine Zuspitzung der Corona-Proteste?
Markus Lewe: Nicht unbedingt durch diese Maßnahmen. Aber es stimmt, mit jedem Monat Corona-Pandemie wird der Ton rauer. Corona-Proteste werden gewalttätiger. Das ist eine der größten Herausforderungen für 2022. Wir brauchen das klare öffentliche Bekenntnis von Politik und Zivilgesellschaft gegen Grenzüberschreitungen. Die laute Minderheit darf die Mehrheit nicht übertönen, die die Corona-Maßnahmen unterstützt und trägt.
PNP: Können die Städte die neuen finanziellen Lasten zur Corona-Bekämpfung schultern?
Markus Lewe: Nicht ohne weiteres. Die Corona-Folgen sind in den kommunalen Haushalten deutlich zu spüren. Im vergangenen Jahr stieg die Zahl der Städte mit Haushaltsdefiziten. Auch 2022 und 2023 rechnen wir mit weniger Steuereinnahmen als vor der Corona-Krise prognostiziert. Für dieses und nächstes Jahr fehlen den Städten und Gemeinden wegen Corona insgesamt sieben Milliarden Euro Steuern. Das ist zu spüren, wenn die Städte in Kitas, Schulen, Klimaschutz und Digitalisierung investieren wollen, um den Investitionsstau vor Ort abzubauen. Derzeit liegt der Investitionsrückstand in den Kommunen bundesweit bei rund 150 Milliarden Euro. Die nötige Investitionsoffensive klappt nur mit einem höheren Steueranteil der Städte, das fordern wir bei Bund und Ländern ein.
Mit freundlicher Genehmigung der Passauer Neuen Presse, www.pnp.de