Beschlüsse von Bund und Ländern zur Corona-Pandemie
1. Abgestimmtes Vorgehen
Der Deutsche Städtetag begrüßt, dass Bund und Länder gemeinsam und auf Grundlage einer wissenschaftlichen Beratung zu der Auffassung gelangt sind, die Beschränkungen zur Bekämpfung des Coronavirus in einzelnen Schritten zeitlich gestaffelt aufheben zu können. Er begrüßt auch, dass sie im Rahmen ihrer Exit-Strategie abgestimmt vorgehen.
Staatliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie werden umso besser akzeptiert, je klarer und nachvollziehbarer die den Entscheidungen zugrunde gelegten Kriterien wie Infektionszahlen, Verdoppelungsrate oder Testkapazitäten sind. Der Deutsche Städtetag weist deshalb darauf hin, dass bei allen Vereinbarungen konkret dargelegt werden muss, an welchen Zielen und Maßstäben sich Bund und Länder bei der Aufrechterhaltung oder Lockerung von Beschränkungen orientieren. Auch ist zu verdeutlichen, dass jeder Lockerungsschritt Ergebnis einer Güterabwägung zwischen virologischen Anforderungen und sozialen und ökonomischen Notwendigkeiten ist.
2. Infektionsschutz genießt Vorrang
Die Kontaktbeschränkungen in der jetzigen Form bis zum 3. Mai aufrecht zu erhalten, ist angesichts der nach wie vor hohen Infektionszahlen der richtige Weg. Diese Beschränkungen nötigen den Menschen in Deutschland große Disziplin ab. Psychosoziale Auswirkungen und die Notwendigkeit passgenauer Maßnahmen für besonders gefährdete Personengruppen müssen deshalb stets im Blick behalten werden.
Die Rückkehr in eine "neue" Normalität muss sorgfältig vorbereitet werden. Der Schutz vor Infektionen steht weiterhin im Mittelpunkt der gemeinsamen Anstrengungen. Die dringende Empfehlung von Bund und Ländern, in Geschäften sowie Bussen und Bahnen einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen, wird auch vom Deutschen Städtetag unterstützt. Einzelne Maßnahmen stehen stets in Wechselwirkung zueinander, deshalb muss die praktische Expertise der Städte in die Beratung über die Veränderung von Beschränkungen einbezogen werden.
3. Kindertagesstätten
Die Verlängerung von KiTa-Schließungen stellt viele Eltern vor Betreuungsprobleme. Der geplante Ausbau der Notbetreuung ist deshalb notwendig und wird begrüßt. Auch alleinerziehende Berufstätige, Familien mit mehreren Kindern und Eltern mit besonderen gesundheitlichen Einschränkungen sollten Kinderbetreuung bevorzugt in Anspruch nehmen können. Kindertagesstätten sollten nach der Entscheidung über die Wiederaufnahme der Betreuung durch Bund und Länder stufenweise wieder öffnen. Die Diskussion der Szenarien muss sich dabei an einer realistischen Einschätzung orientieren, was Kinder in verschiedenen Altersstufen im Hinblick auf das Einhalten von Hygiene- und Distanzregeln leisten können. Weiterhin zu bedenken ist, dass auch zahlreiche Betreuungspersonen zu Risikogruppen gehören (Alter über 60 Jahre, Vorerkrankungen). Sie müssen vor einer Ansteckung geschützt werden.
4. Schulen
Der Schulbetrieb sollte schrittweise und nach Jahrgängen differenziert wieder aufgenommen werden. Um die veränderten Anforderungen zu erfüllen, benötigen Städte auch hier eine angemessene Vorlaufzeit. Geänderte Gruppengrößen erzeugen einen anderen Raumbedarf. Gestaffelte Unterrichtszeiten erfordern die Anpassung von Schülerverkehren. Die Kultusministerkonferenz wird aufgefordert, die Schulträger in die Erarbeitung der Hygienekonzepte einzubeziehen.
Außerdem muss auf die besonderen Bedürfnisse von Schülerinnen und Schülern eingegangen werden. Digitales Lernen muss auch für Schülerinnen und Schüler ohne entsprechende Ausstattung und Infrastruktur gewährleistet werden. Kinder und Jugendliche mit Lernschwierigkeiten oder herausforderndem häuslichen Umfeld müssen individuell gefördert werden.
5. Einzelhandel
Das Vorhaben, wieder mehr Einzelhändlern die Öffnung ihrer Geschäfte zu ermöglichen, wird zur Belebung der Innenstädte beitragen. Entscheidend wird sein, Kundenverdichtungen zu verhindern und das Infektionsrisiko gering zu halten. Die Umsetzung der notwendigen Schutzmaßnahmen sollten die Unternehmen in eigener Verantwortung sicherstellen.
6. Gastronomie
Restaurants, Bars und Kneipen vorerst nicht zu öffnen, ist bezogen auf die einzuhaltenden Infektionsschutzmaßnahmen nachvollziehbar. Die Gastronomie spielt für lebendige und attraktive Innenstädte eine zentrale Rolle. Für den Weg der Städte hin zur Normalität muss daher auch für diesen Bereich zeitnah eine Zukunftsperspektive skizziert werden.
7. Kultur und Sport
Kultur und Sport sind wichtige Teile des öffentlichen Lebens. Eine Öffnung sollte in diesen Bereichen den-noch nur nach sorgfältiger Abwägung passieren. Räumliche Distanz und Kontaktintensität sind hierbei wichtige Parameter. Es ist richtig, dass Bibliotheken und Archive unter Auflagen zur Hygiene und Steuerung des Zutritts wieder öffnen können. Die Öffnung von Sportstätten sollte vor dem Hintergrund des Infektionsrisikos bewertet werden. Individual- und Rückschlagsportarten wie Tennis eignen sich für eine frühzeitige Öffnung. Mannschaftssportarten und Publikumsveranstaltungen sind in naher Zukunft nicht möglich. Es ist deshalb auch richtig, Großveranstaltungen bis Ende August auszusetzen.
8. Öffentlicher Gesundheitsdienst
Die Städte haben es bisher mit pragmatischen und zielgerichteten Maßnahmen erreicht, Infektionsketten erfolgreich nachzuvollziehen. Sie sind darauf eingestellt, bei einer erhöhten Zahl von Infizierten kurzfristig Personal aus anderen Fachbereichen in den Öffentlichen Gesundheitsdienst zu beordern. Die von Bund und Ländern beschlossene Vorgabe eines festen Personalschlüssels ist daher kontraproduktiv und schränkt die Flexibilität unnötig ein, die die Städte gerade in dieser Situation benötigen. Die Verabredung, die Testkapazitäten weiter auszubauen, begrüßt der Deutsche Städtetag.
9. Busse und Bahnen
Gegenwärtig haben viele Verkehrsunternehmen ihr Leistungsangebot aufgrund massiven Fahrgastrückgangs deutlich reduziert. Gleichzeitig fehlen mancherorts Kapazitäten in den nachfragestärkeren Spitzenzeiten. Hier sind frühzeitige Abstimmungen mit den Trägern erforderlich. Der öffentliche Personennahverkehr ist das Rückgrat für eine nachhaltige Mobilität in den Städten und Regionen. Es liegt im Interesse von Bund, Ländern und Kommunen, dieses System nicht durch eine wirtschaftliche Überforderung in der Krise zu gefährden.
10. Finanzielle Hilfen
Die Städte leisten das Krisenmanagement vor Ort. Sie sind erster Anlaufpunkt für die Fragen und Sorgen der Menschen in unserem Land. Sie setzen politische Maßnahmen wirksam um. Die Bewältigung der Krise kann nur mit den Städten gelingen. Die Städte unterstützen Bund und Länder nach Kräften, brauchen aber jetzt und in den kommenden Monaten einen finanziellen Rahmen, der die Handlungsfähigkeit der Städte sicherstellt. Die Städte bitten dringend darum, zusätzlich zu dem Rettungsschirm für die Wirtschaft einen kommunalen Rettungsschirm zu schaffen. Kommunale Unternehmen müssen die Hilfen von Bund und Ländern für die Wirtschaft nutzen können