Hauptausschuss
28.11.2024

Aktuelle migrationspolitische Debatte

Beschluss des Hauptausschusses des Deutschen Städtetages
  1. Der Hauptausschuss stellt fest, dass die Kontrollen an den deutschen Grenzen einen spürbaren Beitrag zur Begrenzung der irregulären Migration leisten können. Gleichzeitig bedeuten sie eine erhebliche Belastung für die persönliche und wirtschaftliche Freiheit in den Grenzregionen und erschweren die grenzüberschreitende Mobilität, die für die Entwicklung der Städte und Gemeinden dort unverzichtbar ist. Die Städte und Gemeinden in den Grenzregionen Deutschlands sind eng mit den Regionen ihres jeweiligen Nachbarlandes verbunden. Für viele Familien, Arbeitnehmer und Studierende sind die täglichen Grenzübertritte selbstverständlich und wichtiger Teil ihres Alltags.
     
  2. Der Hauptausschuss ist in großer Sorge, dass die europäische Idee, eine europäische Identität, Solidarität und Gemeinschaft zu schaffen durch die Wiedererrichtung von Grenzen gefährdet ist. Er fordert den Bund daher auf, die besonderen Belange der Grenzregionen im Blick zu behalten und in die Abwägung der Verhältnismäßigkeit bei der Dauer von Grenzkontrollen einzubeziehen sowie eine Evaluierung zur Wirksamkeitsüberprüfung von Kontrollen durchzuführen. Zu betrachten ist in diesem Kontext langfristig auch das Risiko sich gegenseitig verstärkender Maßnahmen, wenn europäische Nachbarländer jeweils auf Veränderungen im Grenzregime setzen.
     
  3. Der Bund ist deshalb aufgefordert, Formen der Kontrolle zu entwickeln, die den Alltag der grenznahen Bevölkerung nicht unnötig belasten und negative Auswirkungen der Grenzkontrollen auf Pendlerinnen und Pendler und den grenzüberschreitenden Handel mit Blick auf die europäische Einheit so gering wie möglich halten.
     
  4. Die Belastung der Ausländerbehörden ist weiterhin sehr hoch. Bund und Länder sind weiter aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass die Zusammenarbeit der Behörden im Bereich Ausländer- und Asylrecht einem dauerhaften Prozess der Entbürokratisierung und Verwaltungsvereinfachung unterzogen wird.
    Der Hauptausschuss fordert, kommende Gesetzgebungsverfahren zur Anpassung des deutschen Asyl- und Aufenthaltsrechts an die EU-Verordnungen so zu gestalten, dass sie keine zusätzlichen Belastungen der Ausländerbehörden auslösen und damit in der Behördenpraxis handhabbar werden.
     
  5. Der Hauptausschuss unterstreicht die in den Beschlüssen der MPK vom 23. bis 25. Oktober 2024 enthaltene Forderung nach einer Dynamisierung der flüchtlingsbezogenen Pauschale. Er weist darauf hin, dass Geflüchtete aus der Ukraine nicht von dieser Pauschale erfasst werden.
     
  6. Städte sind die konkreten Orte der Integration. Der Hauptausschuss lehnt Kürzungen für Integrationskurse, wie sie im bisherigen Haushaltsentwurf für 2025 vorgesehen waren, ab. Sie erschweren die Integration zugewanderter Fachkräfte genauso wie die Integration Geflüchteter. Die gilt auch für die geplanten Änderungen an der Integrationskursverordnung. Zielgruppenspezifische Angebote für Frauen oder Jugendliche müssen erhalten bleiben. Zudem fordert er Standards zur Durchführung von Integrationskursen zu flexibilisieren, dass Geflüchteten schneller ein ortsnahes Angebot unterbreiten werden kann. Anders als vom Bund vorgesehen, soll die Möglichkeit Stunden zu wiederholen und die Möglichkeit, Kurse mit Kinderbetreuung durchzuführen. Der Hauptausschuss fordert den Bund auf, umgehend eine rechtssichere Lösung zu schaffen, die die Durchführbarkeit von Integrationskursen unter den Bedingungen der geltenden Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes absichert.