Präsidium
16.11.2023

Verhandlungen zur EU-Luftqualitätsrichtlinie

Beschluss des Präsidiums des Deutschen Städtetages
  1. Saubere Luft in unseren Städten ist von elementarer Bedeutung für die Gesundheit der Menschen und für eine intakte Umwelt. Das Präsidium betont, dass sich die Luftqualität auch durch die großen Anstrengungen der Städte in den vergangenen Jahren erheblich verbessert hat. Die geltenden Grenzwerte werden fast flächendeckend erreicht. Die Überlegungen auf europäischer Ebene, die Luftqualitätswerte in Orientierung an die Empfehlungen der WHO-Leitlinien weiter abzusenken, hält das Präsidium grundsätzlich für sachgerecht.
     
  2. Zugleich betont das Präsidium, dass städtisches Handeln Grenzen hat. Industrie, Landwirtschaft, Schifffahrt oder Energieversorgung haben einen maßgeblichen Anteil an der Luftverschmutzung. Dies führt zu enormen Hintergrundbelastungen und erhöhten Luftverschmutzungswerten. Die Möglichkeiten der Städte, hierauf Einfluss zu nehmen, sind ausgeschöpft. Die vom Europäischen Parlament vorgeschlagene Einhaltung der WHO-Grenzwerte für Stickstoffdioxid und Feinstaub bis zum Jahr 2035 wird in vielen Städten unmöglich werden. Das Präsidium fordert den Bund daher dringend auf, sich in den Trilog-Verhandlungen für eine Verlängerung des Angelichungszeitraums neuer Grenzwerte einzusetzen. Eine Halbierung der Grenzwerte dürfen frühestens 2035, die WHO-Werte frühestens 2040 in Betracht gezogen werden. Der Ratsvorschlag, den Mitgliedsstaaten in Ausnahmefällen zeitlichen Spielraum für die Einhaltung der Grenzwerte bis 2040 einzuräumen, geht in die richtige Richtung.
     
  3. Das Präsidium bekräftigt seinen Beschluss vom 23. Mai 2023 und unterstreicht, dass Zielvorgaben für den Immissionsschutz konsequent Hand in Hand mit den Emissionsgrenzwerten weiterentwickelt werden müssen. Es fordert die Bundesregierung auf, sich für den EU-Kommissionsvorschlag zur Verschärfung der Abgasnorm Euro 7 stark zu machen.
     
  4. Der vom EU-Parlament weiter verschärfte Vorschlag der Kommission, individuelle und einklagbare Schadensersatzansprüche über Sammelklagen einzuführen, hält das Präsidium für ganz und gar unverhältnismäßig. Die Städte dürfen nicht für eine Zielverfehlung zur Rechenschaft gezogen werden, ohne selbst umfassende eigene Handlungsmöglichkeiten vor Ort zu haben. Die Klagerechte dürfen an dieser Stelle nicht erweitert werden.
     
  5. Das Präsidium fordert den Bund auf, bei der anstehenden Fortschreibung des nationalen Luftreinhalteprogramms die städtischen Anliegen besonders in den Blick zu nehmen.