Hauptausschuss
Handlungsnotwendigkeiten in der aktuellen Energiekrise
Beschluss des Hauptausschusses des Deutschen Städtetages
- Der Hauptausschuss bewertet die geplanten Vorsorgemaßnahmen des Bundes mit dem Energiesicherungsgesetz, der Füllstandquote für Gasspeicher, dem beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien, dem Arbeitsplan Energieeffizienz und der Reduzierung des Gasverbrauchs im Stromsektor insgesamt als richtige Schritte. Es gilt, so schnell und so gut wie möglich auf den Ernstfall eines Lieferstopps russischer Energie vorbereitet zu sein. Der Hauptausschuss hält es für dringend notwendig, das Bewusstsein der Bevölkerung für die aktuelle Krise zu schärfen und die öffentliche Kommunikation dem Ernst der Lage anzupassen.
- Er unterstreicht dabei die Bedeutung der erneuerbaren Energien für die Versorgungssicherheit und den Klimaschutz. Die vorgelegten verpflichtenden Flächenziele für die Windkraft an Land sind der richtige Ansatz. Sie müssen umgehend umgesetzt werden. Der Bund muss zudem dafür Sorge tragen, dass sich die Länder ihrer Planungspflichten für den Ausbau erneuerbarer Energien nicht zulasten der Kommunen entledigen. Ein weiterer notwendiger Schritt wäre endlich eine gesetzliche Verpflichtung, Bürger und Kommunen am Ertrag der Anlagen zu beteiligen.
- Zugleich muss das Potenzial beim Energiesparen und bei der Energieeffizienz noch stärker gehoben werden. Die gestartete Effizienz-Kampagne der Bundesregierung ist ein Teil davon. Die Städte werden einen Beitrag leisten und ihre Bemühungen zur Einsparung von Energie vor Ort intensivieren und geeignete Maßnahmen umsetzen. Es braucht zusätzlich einen Pakt von Bund, Ländern und Kommunen, um die gemeinsame Kraftanstrengung zu verdeutlichen. Zentrale Herausforderung bleibt die Sanierung des Gebäudebestands. Bund und Länder müssen ihre Förderung wirkungsorientiert ausrichten und deutlich erhöhen.
- Der Hauptausschuss sieht mit großer Sorge die steigenden Energiepreise und die allgemeine Inflation. Es müssen bereits jetzt Strategien und Maßnahmen vorbereitet werden, damit am Ende keine übereilten und pauschalen Entlastungen unter Druck getroffen werden. Dabei ist das Umfeld der Preisentwicklung ebenfalls in den Blick zu nehmen, beispielsweise bei Energiesperren. Der Hauptausschuss hält es für geboten, in der Debatte um die Energiepreise die soziale Dimension und die notwendige ökologische Lenkungswirkung in den Mittelpunkt zu stellen.
- Als ebenso ernst bewertet der Hauptausschuss die Lage der Stadtwerke. Sie müssen trotz stark gestiegener Preise und unsicherer Lage fortlaufend und vorsorgend Energie am Markt beschaffen. Zudem können vertragliche Lieferverpflichtungen und Wiedereindeckungsrisiken bei einem Ausfall von Liefermengen Liquiditätsengpasse auslösen. Der Hauptausschuss fordert den Bund eindringlich auf, die kommunalen Versorgungsunternehmen unter den Schutzschirm des Bundes für die Wirtschaft zu nehmen. Er sieht zudem die Länder in der Pflicht, für den Fall von Liquiditätsengpässen eine finanzielle Absicherung sicherzustellen.
- Im Krisenfall einer Gas-Mangellage werden vor Ort Fragen beantwortet werden müssen, wer in welchem Umfang von Gas-Rationierungen und Abschaltungen betroffen sein wird. Daher ist es wichtig, dass die Bundesnetzagentur ausdifferenzierte und transparente Kriterien schafft, auf deren Grundlage sie agiert. Von zentraler Bedeutung in der Krisenlage ist, dass der Informationsfluss und Datenaustausch mit der kommunalen Ebene gewährleistet ist und die Kommunen bereits frühzeitig in alle Planungsprozesse von Bund und Ländern einbezogen werden.
- Um auf derartig veränderte Krisensituationen angemessen reagieren zu können, muss der Zivil- und Katastrophenschutz funktional, personell und finanziell deutlich aufgewertet werden. Dazu gehören vor allem eine flächendeckende Warn- und Alarmierungsinfrastruktur, der Aufbau von Zivilschutzreserven und einer Nationalen Reserve Notstrom sowie ein Risikomanagement für die Trinkwasser- und die Lebensmittelversorgung. Die Widerstandsfähigkeit der Bevölkerung gegen Katastrophen jeglicher Art muss verbessert werden. Ein Konzept zur Steigerung der Selbsthilfefähigkeit ist unbedingt erforderlich.