Bundestagswahl 2025

Für
ein neues
Miteinander

Die Erwartungen des Deutschen Städtetages an die neue Bundesregierung.

Präambel

Was wir meinen, wenn wir sagen:
Für ein neues Miteinander von Bund, Ländern und Städten.

Wir befinden uns in einer Zeit tiefgreifender Umbrüche. Politik muss sich vorrangig auf das Wesentliche konzentrieren und mit mehr Geschwindigkeit agieren. Grundlegende strukturelle Veränderungen staatlichen Handelns sind erforderlich, um die Handlungs- und Gestaltungsfähigkeit, die in den letzten Jahren durch immer neue Aufgaben ohne ausreichende Gegenfinanzierung mehr und mehr abgenommen hat, wiederherzustellen.

Städte sind die Gestalter vor Ort. Wir erwarten Vertrauen von Bund und Ländern.

Wenn die Menschen den Staat handlungsfähig erleben, wenn sie sehen, dass Schulen, Kitas, Verkehrsnetze, Ämter, Energieversorgung, Sicherheit, Sport und Kultur vor Ort funktionieren, dass Wohnraum geschaffen wird und Probleme gelöst werden – dann gewinnt auch die Demokratie. Verlieren wird sie mehr und mehr, wenn die Politik vor Ort nicht mehr als Gestalter, sondern als Mangelverwalter wahrgenommen wird.

Städte wollen mitgestalten. Das können sie nur, wenn Bund und Länder ihnen weitreichende Gestaltungsfreiheit belassen.

Das ist der Kern der kommunalen Selbstverwaltung. So können wir gemeinsam dafür sorgen, dass die Bürgerinnen und Bürger das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit des Staates wiedererlangen.

Bund und Länder erkennen die Brisanz der Lage in den Städten nicht.

Die kommunalen Haushalte stecken in einem Rekorddefizit. Die finanziellen Perspektiven der Städte sind quer durch die Republik erschreckend. Unausgeglichene Haushalte, enorme Investitionsrückstände, unzureichende Infrastruktur – die wesentlichen Grundlagen für die Gestaltung vor Ort erodieren mehr und mehr. Das ist kein selbstverschuldetes Problem der Städte, sondern ein strukturelles. Die Sozialausgaben laufen uns davon. Bund und Länder weisen uns immer mehr Aufgaben zu, die bei Weitem nicht ausfinanziert sind.

Was hilft es den Bürgerinnen und Bürgern, wenn ihnen Bund und Länder Leistungen versprechen, die vor Ort nicht umsetzbar sind, weil das Personal fehlt und die Finanzierung nicht sichergestellt ist?

Wenn sich nichts ändert, werden die Kommunen mehr und mehr Leistungen herunterfahren oder ganz einstellen müssen: die Buslinie, den Zuschuss für den Sportverein, die Musikschule. Die kommunale Selbstverwaltung, vom Grundgesetz garantiert, wird zur leeren Hülle.

Wir brauchen
ein neues
Miteinander.

Wir brauchen mehr Vertrauen der Bundespolitik und der Landespolitik in die Kommunen und in ihre Rolle als Gestalter. Städte kennen die Herausforderungen vor Ort, Städte können damit umgehen. Es braucht aber deutlich mehr Mittel und mehr Gestaltungsmacht für die Politik vor Ort.

Sämtliche Aufgaben müssen quer durch die staatlichen Ebenen ausfinanziert sein.

Und es braucht Gesetze, die praxis- und lebensnahe Politik für die Menschen ermöglichen. Die neue Regierungskoalition muss sich in ihrem Koalitionsvertrag zu einem neuen Miteinander verpflichten – welche Aufgabenteilung zwischen Bund, Ländern und Städten soll es geben und wie wird sie finanziert? Der Deutsche Städtetag reicht der künftigen Bundesregierung dafür die Hand – mit klaren Vorstellungen, was in den einzelnen Politikfeldern die Grundlage dieses neuen Miteinanders sein kann.

Forderungen

Was die Städte in Deutschland
von der künftigen Bundesregierung in der neuen Legislatur erwarten.

Finanzverteilung
zwischen Bund, Ländern und Städten neu denken.

Finanzverteilung zwischen Bund, Ländern und Städten neu denken

Wir brauchen eine neue Finanzverteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Die Städte, die alle wichtigen Transformations- und Gestaltungsaufgaben vor Ort umsetzen, brauchen die notwendigen Mittel dafür. Die Kommunen tragen etwa ein Viertel der gesamtstaatlichen Aufgaben, haben aber nur ein Siebtel der Steuereinnahmen. Ein Weg zur Verbesserung der Situation wäre ein größerer Anteil der Städte an den Gemeinschaftssteuern, zum Beispiel an der Umsatzsteuer. Das würde helfen, greift allein aber zu kurz. Wir müssen grundsätzlicher werden: Es darf von Bund und Ländern keine zusätzlichen Aufgaben mehr für die Städte geben, die nicht ausfinanziert sind, je nach Aufgabe auch dynamisiert. Bund und Länder müssen ausschließen, dass ihre steuerpolitischen Entscheidungen zu Steuerausfällen auf kommunaler Ebene führen.

Die neue Bundesregierung muss die Schuldenbremse auf den Prüfstand stellen: Wenn diese Zukunftsinvestitionen verhindert, muss sie reformiert werden. Außerdem müssen wir Fördermittel neu denken. Mehr Vertrauen in die Städte heißt auch, lieber feste Budgets für geförderte Ausgaben als komplizierte Förderprogramme, die den Städten Zeit und Ressourcen rauben. Und das Altschuldenproblem vieler Städte muss endlich gelöst werden – gleich zu Beginn der Legislatur und dauerhaft.

Städte
bei Sozialausgaben
entlasten.

Viele Sozialausgaben sind vor Ort kaum zu beeinflussen. Die Kosten laufen den Städten davon. So sind die Ausgaben für die Kinder- und Jugendhilfe in den letzten zehn Jahren um 105 Prozent und die der Eingliederungshilfe um 66 Prozent gestiegen. Das ist im jetzigen System auf Dauer nicht finanzierbar. Das System muss verändert werden. Wir können Stand jetzt keine neuen Rechtsansprüche in der Sozialpolitik mehr umsetzen. Und wir müssen uns ehrlich fragen: Können wir den Status Quo von Standards und Leistungen halten? Die Antwort wird nicht in jedem Fall "Ja" lauten können.

Deutschland braucht leistungsfähige Krankenhäuser. Aktuell sind insbesondere die kommunalen Kliniken unterfinanziert. Sie müssen von ihrer Stadt systemwidrig mit vielen Millionen Euro jährlich gestützt werden, um eine Insolvenz zu verhindern und die Gesundheitsversorgung einer ganzen Region aufrechtzuerhalten. Der Bund muss dringend die Finanzierung der Betriebskosten auskömmlich ausgestalten und gemeinsam mit den Ländern die notwendigen Investitionsmittel bereitstellen.

Gesetze verbessern,
Digitalisierung
vorantreiben.

Städte müssen sich mit einer Vielzahl komplexer Aufgaben auseinandersetzen. Sie kämpfen mit Personalmangel und immer neuen regulatorischen Belastungen. Viele Prozesse und Aufgaben gehören auf den Prüfstand, auch weil sie unnötig Personal binden, das für andere wichtige Aufgaben dann nicht zur Verfügung steht. Verfahren müssen vereinfacht und entbürokratisiert werden, auf allzu detaillierte Regelungen ist zu verzichten. Das schließt die Europäische Union ausdrücklich ein. Städte brauchen gute Gesetze. Wir sind es, die Entscheidungen der Bundesebene umsetzen. Praxisnahe Gesetze gibt es nur, wenn die Stimme der Städte gehört wird.

Für eine spürbare Entlastung der Städte können Digitalisierung und künstliche Intelligenz ein Schlüssel sein. Erst sie ermöglichen es, die Vielzahl der gesammelten Daten in Städten verwerten zu können. Informationssicherheit ist dabei unerlässlich und nur gemeinsam mit Bund und Ländern möglich. Aufgaben, die bundesweit einheitlich ausgestaltet werden können, müssen nicht vor Ort umgesetzt werden. Auch das kann die Städte entlasten.

Ehrenamt: Engagement fördern.

Städte sind die Keimzelle der Demokratie. Hier zeigt sich, ob gesellschaftlicher Zusammenhalt gelebt wird. Hass, Hetze und Bedrohungen gegenüber Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern nehmen zu. Sie werden aufgrund ihres Engagements für das Gemeinwohl angefeindet und angegriffen. Es wird schwieriger, Menschen für das wichtige Ehrenamt in den Städten zu gewinnen. Aber auch Feuerwehrleute, Rettungskräfte und Ordnungsdienste sind zunehmend betroffen. Wir müssen gemeinsam darauf hinwirken, dass Engagement vor Ort attraktiv bleibt. Beratungs- und Unterstützungsangebote für Betroffene müssen ausgebaut werden.

Bezahlbares Wohnen sicherstellen, Bauen erleichtern.

Baukosten und Mieten entwickeln sich in vielen Städten dramatisch. Wie geht es weiter? Zerstören die Mietpreise den Zusammenhalt in den Städten? Wir erleben seit Jahren Mietsteigerungen, die sich viele Bürgerinnen und Bürger nicht mehr leisten können. Gleichzeitig laufen die Baukosten aus dem Ruder. Die Rahmenbedingungen für mehr Wohnungen in den Städten müssen verbessert werden. Es muss gelingen, den privaten und öffentlichen Bauwilligen wieder kostengünstigeren Wohnungsbau zu ermöglichen sowie bezahlbare Mieten zu sichern. Dafür braucht es ein ganzes Maßnahmenbündel – von der Mietpreisbremse über den Abbau unnötiger Regularien und Standards bis zu einer Novelle des Baugesetzbuches mit mehr Vorkaufsrechten für die Städte.

Integration verbessern,
ungesteuerte Migration begrenzen.

Die Themen Migration und Integration hängen miteinander zusammen. Trotzdem müssen wir sie differenziert betrachten. Städte stehen zu ihrer humanitären Verantwortung, Schutzbedürftige aufzunehmen. Wer einer Stadt zugewiesen wird, für dessen Integration wollen wir sorgen. Eigentlich sollen den Kommunen aber ausschließlich Menschen zugewiesen werden, die eine Bleibeperspektive haben. Die Realität sieht oft anders aus. Es kommen auch Menschen nach Deutschland, die nicht schutzbedürftig sind. Auch sie belegen Plätze, nehmen Leistungen in Anspruch. So kommen die Städte an die Grenzen ihrer Integrationsfähigkeit. Migration braucht deshalb Ordnung.

Die neue Bundesregierung muss die Städte finanziell wie organisatorisch besser bei allen Integrationsaufgaben unterstützen. Sie muss ungesteuerte Migration begrenzen, europäische Abkommen wie Dublin III wieder wirksam machen, Rückführungs- und Migrationsabkommen mit Herkunftsländern vorantreiben und Schleuserkriminalität bekämpfen.

Gleichzeitig gilt: Deutschland braucht Zuwanderung von Fachkräften – auch die Städte sind dringend darauf angewiesen. Für die künftige Bundesregierung heißt das: Sie muss die Integration von Zugewanderten in den Arbeitsmarkt vereinfachen und beschleunigen.

Sicherheit
in den
Städten.

Der Schutz vor Anschlägen im öffentlichen Raum ist ein zentrales Anliegen der Städte. Die Frage der Sicherheit in den Städten hat eine neue Dimension erhalten. Effektive Sicherheitsmaßnahmen sind unausweichlich. Die Städte nehmen Terrorwarnungen sehr ernst und passen die Sicherheitsmaßnahmen vor Ort regelmäßig an. Die damit verbundenen Mehrkosten können nicht allein von den Veranstaltern und den Städten getragen werden. Ein neues Miteinander von Bund, Ländern und Städten bedeutet, dass auch diese Verantwortung eindeutig und fair zugewiesen wird. Terroranschläge richten sich gegen Deutschland und seine Bürgerinnen und Bürger und nicht gegen einzelne Städte oder Veranstalter. Gehen Sicherungsmaßnahmen über die übliche Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung hinaus, liegt die Verantwortung für ihre Finanzierung bei Bund und Ländern.

Bildung
dauerhaft
finanzieren.

Gute Bildung sichert die Teilhabe von Menschen und die Zukunft der Städte. Wer in der digitalen Welt wettbewerbsfähig sein will, muss die digitalen Bildungschancen von Jugendlichen und Kindern ausbauen. Das können die Städte nicht allein stemmen. Die neue Bundesregierung muss das Verhandlungsergebnis zum Digitalpakt 2.0 aufgreifen und seine Finanzierung zügig, verlässlich und bedarfsgerecht absichern. Wir brauchen für die Digitalisierung von Schulen eine langfristige Perspektive.

Bildungsgerechtigkeit trägt zum Zusammenhalt der Städte bei. Die bisherigen Vorschläge für eine langfristige Finanzierung des Startchancenprogramms sind umzusetzen.

Klima schützen, Städte an Klimafolgen anpassen, ÖPNV ausbauen.

Ohne Klimaschutz ist alles nichts. Der Klimawandel bedroht die Lebensqualität der Menschen und unsere Zukunft. Viele Städte haben sich deshalb ambitionierte Klimaschutzziele gesetzt. Die offene Flanke ist die Finanzierung – Transformationsaufgaben wie Energiewende, Wärmewende, Mobilitätswende und Klimaanpassung sind nicht durchfinanziert. Für diese Mammutaufgaben erwarten die Städte Planungs- und Investitionssicherheit. Der Bund ist gefordert! Bei Klimaschutz und Klimaanpassung sollten wir uns der Idee einer neuen Gemeinschaftsaufgabe nähern. Und wir müssen darüber reden, wie und unter welchen Bedingungen private Kapitalgeber die Transformation unterstützen können. Die öffentliche Hand allein wird die Riesensummen für die Transformation nicht stemmen können.

Transformation braucht Akzeptanz. Die Bürgerinnen und Bürger müssen sehen, dass es besser wird – nicht nur teurer. Das Klimageld kann dabei helfen. Zudem wird der Emissionshandel ein zentraler Hebel sein, um Klimaschutzziele zu erreichen. Der CO2-Preis muss entsprechend ausgestaltet werden.

Bei der Mobilitätswende muss ein guter öffentlicher Personennahverkehr zum Rückgrat der Mobilität in Städten und Regionen werden. Leistung und Qualität von Bus und Bahn müssen verbessert werden. Ein Angebot wie das Deutschlandticket ist attraktiv, allein macht es den ÖPNV aber noch nicht besser. Das gelingt erst mit guten Takten, guter Vernetzung, verlässlichen Fahrplänen und modernen Fahrzeugen. Attraktiver öffentlicher Nahverkehr braucht eine dauerhafte, verlässliche Finanzierung. Dafür kann es auch erforderlich werden, neue Wege der Finanzierung zu gehen.

Die Forderungen zur Bundestagswahl in kompakter Form.

Alle Forderungen des Deutschen Städtetages finden Sie in der Online-Publikation "Für ein neues Miteinander: Erwartungen des Deutschen Städtetages an die neue Bundesregierung".

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